Sozialversicherung - Rente mit 67

13.10.2007 Tor zum früheren Ruhestand bleibt weitgehend zu

Angesichts der Rente mit 67 will die SPD den Eintritt in den Ruhestand flexibler gestalten. Die Aushöhlung der Pläne von Franz Müntefering wurde aber abgeblasen.
Die Dachdecker haben es SPD-Chef Kurt Beck besonders angetan: Beim Beschluss der Rente mit 67 hatte er sie als Beispiel für Berufsgruppen angeführt, die schon aus körperlichen Gründen nicht so lange arbeiten könnten.
Ein halbes Jahr tagte eine Arbeitsgruppe des SPD-Parteivorstands und der SPD-Bundestagsfraktion. Stolze 36 Seiten hat ihr Abschlussbericht. Doch am spannendsten Punkt zuckte sie zurück: Ob Ältere leichter eine Rente wegen Erwerbsminderung bekommen sollen, will sie nur weiter prüfen.
Eigentlich waren SPD-Experten entschlossen, dies definitiv zu fordern: Die volle Erwerbsminderungsrente sollten Arbeitnehmer bekommen, "wenn sie zwar ein tägliches Restleistungsvermögen von mehr als sechs Stunden aufweisen, aber auf Grund von schwerwiegenden gesundheitlichen Leistungseinschränkungen nur noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben können".
Doch damit hätten sie ein großes Fass aufgemacht: Eine solche Regelung hätte Milliarden gekostet und die Rente mit 67 teilweise ausgehebelt - ein Affront (Beleidigung, Kränkung) gegen Arbeitsminister Franz Müntefering, der den späteren Renteneintritt in der eigenen Partei durchgesetzt hat.
Einen neuen Eklat (aufsehen erregendes Ereignis, Skandal) nach dem Arbeitslosengeld I wollen die Sozialdemokraten aber nicht vom Zaun brechen. Es sei immer geplant gewesen, den Personenkreis einzugrenzen, damit kein "neues Scheunentor" aufgerissen werde, betonte gestern die SPD- Fraktions- und Partei -Vize Elke Ferner. Das aber habe sich als schwierig erwiesen. Man brauche mehr Zeit, um dies mit Sachverständigen zu prüfen. Sie wollte sich nicht festlegen, wie lange die Prüfung dauern soll.
So bleiben in dem Papier hauptsächlich allgemeine Bemühungen übrig, durch Weiterbildung und Gesundheitsschutz das Arbeiten bis 67 zu ermöglichen. Im Rentenrecht soll die Möglichkeit ausgebaut werden, den Rentenanspruch durch freiwillige Zusatzbeiträge zu erhöhen, die auch der Arbeitgeber leisten kann.
Außerdem soll die bestehende Teilrente so ausgebaut werden, dass es bei 35 Beitragsjahren schon ab dem 60. Geburtstag geben soll, allerdings bei einem Abschlag von 25,2 Prozent, und wenn dadurch der Rentner nicht auf das Grundsicherungsniveau abrutscht.
Das hält der Rentenexperte der Union, der Emmendinger Bundestagsabgeordnete Peter Weiß, aufgrund der hohen Kürzung für völlig unattraktiv. Zusätzliche Beitragszahlungen könnten nur Großbetriebe aufbringen, sagte er der SÜDWESTPRESSE.
Die große Masse könne sich das nicht leisten. "Müntefering hat sich durchgesetzt", kommentierte er den Rückzieher bei den Erwerbsminderungsrenten. Der bedeutsamste Punkt - den die Union so nicht mitgemacht hätte - sei wieder kassiert worden. Für die CDU/CSU-Fraktion ist das Thema Rentenreform für diese Legislaturperiode abgehackt.
Die Sozialausschüsse, deren Mitglied Weiß ist, denken darüber nach, wie geringe Renten nach einem langen Berufsleben aufgestockt werden können.
Südwestpresse, 13.10.07

Letzte Änderung: 21.11.2007