Inflation so hoch wie lange nicht

17.10.2007 Die Preise sind in Deutschland im September so stark gestiegen wie seit zwei Jahren nicht mehr. Schuld an der hohen Inflation ist vor allem der Ölpreis.

Die Inflationsrate in Deutschland ist im September auf den höchsten Stand seit zwei Jahren geklettert. Die Verbraucherpreise stiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,4 Prozent. Das teilte Statistische Bundesamt mit. Im Juli und August lag die Teuerungsrate noch bei 1.9 Prozent.
Die Statistiker führten den Anstieg vor allem auf die Ölpreise zurück: Die Preise für Kraftstoff stiegen um 8,9 Prozent, die für leichtes Heizöl um 3,1 Prozent. Allerdings sei der deutliche Anstieg darauf zurückzuführen, dass es bei diesen Erzeugnissen im Vorjahresmonat einen deutlichen Preisrückgang gegeben habe.
Ein kräftiges Plus war schon im September beim Strompreis zu verzeichnen. Er stieg um 7,4 Prozent und damit binnen Jahresfrist überdurchschnittlich. Energieversorger haben bereits weitere Erhöhungen angekündigt.
Im Bereich Bildung setzte sich der starke Preisauftrieb der vergangenen Monate wegen der Studiengebühren fort. Im September sei es deshalb ein Zuwachs von 27 Prozent zu verzeichnen gewesen.
Die Nahrungsmittelpreise stiegen in der Summe mit einem Plus von 2,7 Prozent nicht dramatisch. Doch bestimmte Produkte waren deutlich teuerer: So kostete Butter 41,1 Prozent mehr. Für Speisefette und -öle schlugen 24,2 Prozent zu Buche. Auch die Preise für Milchprodukte und Eier waren mit plus 6,8 Prozent klar höher.
Speisequark verteuerte sich sogar um 25,9 Prozent, Vollmilch um 13,5 Prozent. Brot und Getreidewaren wurden mit plus 3,3 Prozent ebenfalls teuerer, vor allem Brötchen kosteten mit plus 6,2 Prozent deutlich mehr. Gemüse verbilligte sich dagegen um 5,9 Prozent.
Lebensmittel werden in Deutschland im kommenden Jahr wohl noch teuerer. Das erwartet die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). Auch das bisher von Preiserhöhung verschonte Schweinefleisch könnte im kommenden Frühjahr teuerer werden.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Gert Sonnleitner betonte, die Zeiten ständig rückläufiger Nahrungsmittelpreise seien vorbei. Angesichts der Globalisierung des Marktes müssten auch die Verbraucher "künftig mit größeren Preisschwankungen leben lernen". Für die Bauern seien die Preiserhöhungen "bitter, bitter notwendig" gewesen.
Verbraucherschützer und Politiker schlagen angesichts der angekündigten Strom- und Gaspreiserhöhungen Alarm: So droht Wirtschaftsminister Michael Glos mit schärferen Maßnahmen, "um den Stromkonzernen besser auf die Finger schauen zu können".

Kommentar: Bremse für den Konsum

Jetzt kommt es, wie es kommen musste: Die ungebremst steigenden Energiepreise lehren die Inflation wieder das Laufen. Diese Nachricht ist schon für sich genommen schlecht genug, weil die anziehenden Preise, die zunehmend von Preissprüngen bei Lebensmitteln verursacht werden, zuerst diejenigen treffen, die ohnehin knapp bei Kasse sind: Kinderreiche, Arbeitslose, Rentner oder Studenten.
Doch es kommt noch schlimmer: Die mittlerweile völlig irrationale und allenfalls noch als hoch spekulativ zu bezeichnende Preistreiberei an den internationalen Rohölbörsen wird das Leben hier zu Lande genauso zusätzlich verteuern wie die Tarif-Wegelagerei, auf die sich mit Eon und RWE ausgerechnet die beiden mit Abstand größten deutschen Energiekonzerne verständigt haben.
Doch mit jedem neuen Energiepreisbedingten Teuerungsschub wird ein Anspringen der Konsumgüterkonjunktur immer unwahrscheinlicher, auf das die Wirtschaftexperten ihre Wachstumsprognosen vor allem für das kommende Jahr gründen.
Die Kaufkraftzuwächse aus der diesjährigen Tarifrunde lösen sich bei Lichte besehen nicht nur im Handumdrehen in Luft auf. Sie verwandeln sich zu allem Überfluss abermals in konsumschädliche Reallohnverluste. Da kann dann der Export brummen wie er will, diese Wachstumsbremse kann er nicht mehr aus der Welt schaffen.
Südwestpresse, 17.10.07

Letzte Änderung: 21.11.2007