Scheidungsrate

08.11.2007 Weniger Trennungen auf dem Papier

Auch im vergangenen Jahr wurden in Deutschland viele Ehen geschieden: Rund 190 000 an der Zahl. Dennoch ist die Scheidungsrate seit 2004 rückläufig.
Zerbrochene Teller, Tränen und harte Worte gehen oft einer Scheidung voraus. Da ist die Meldung des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden ein Lichtblick: Die Zahl der Scheidungen in der Bundesrepublik geht weiter zurück. "2006 waren es im Vergleich zum Vorjahr fünf Prozent weniger. Das Statistische Landesamt nennt für Baden-Württemberg dieselbe Rate.
Vor falschen Schlüssen warnt jedoch Professor Rosemarie Nave-Herz, Familiesoziologin der Universität Oldenburg. Betrachte man die Scheidungsrate längerfristig, steige sie in gerade Linie nach oben. "Aber es gibt immer wieder solche Schwankungen wie jetzt."
Dass die Eheauflösungen bereits seit 2004 rückläufig sind, beeindruckt die Soziologin nicht. "Schon in der 70er Jahren, als das Scheidungsrecht geändert wurde und in den 90er Jahren nach der Wende gab es plötzlich weniger Scheidungen", weiß sie. Der Grund: "Unsicherheit bei den Betroffenen." Nach einiger Zeit "ging die Zahl wieder steil bergauf".
Dies deckt sich mit den Angaben der Statistischen Bundesamtes: "Von 1992 bis 2003 nahmen die Ehescheidungen zu." Im Jahr 1992 gab es pro 1000 Ehen 7 Scheidungen. "2006 waren es 10, nur eine weniger als im "Boomjahr" 2003.
Susanne Reitz-Franz, Leiterin von pro familia Konstanz, hat eigene Beobachtungen gemacht, warum die Tendenz momentan fallend ist: Viele Paare leben zwar getrennt, vollziehen den Akt der Scheidung aber nicht. Oft sei die wirtschaftliche Situation schwierig, eine formale Trennung zu teuer.
So schmälere die Einstufung in andere Steuerklasse die Netto-Gehälter. Dagegen halten gemeinsame Kinder die heutigen Paare nach ihrer
Ansicht nicht vor einer Trennung ab. Fast die Hälfte der 2006 Geschiedenen hatte laut Statistik Kinder unter 18 Jahren.
Nach wie vor reichen deutlich mehr Frauen die Scheidung ein, nämlich 56 Prozent und nur 36 Prozent der Männer. Die übrigen Paare stellten den Antrag gemeinsam.
Professor Nave-Herz sieht die Ursache in den oft übersteigerten Erwartungen an den Ehegatten, die unerfüllt bleiben. "Frauen leiden auch mehr unter Ehekonflikten als Männer."
Südwestpresse, 08.11.07

Letzte Änderung: 21.11.2007