Überwachung am Arbeitsplatz

Vorschaubild

05.06.2008 Ist privates Surfen am Arbeitsplatz erlaubt?

Ist privates Surfen am Arbeitsplatz erlaubt?

Einen Anspruch der Beschäftigten, das Internet privat am Arbeitsplatz zu nutzen, gibt es nicht.

Wenn der Arbeitgeber privates Surfen erlaubt, darf er die Nutzung überwachen?

Der Arbeitgeber darf die private Internetnutzung am Arbeitsplatz an Bedingungen knüpfen und "in angemessener Weise" kontrollieren. Dabei muss er das Fernmeldegeheimnis und die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten beachten. Danach dürfen Nutzungsdaten nur dann verarbeitet werden, soweit dies für die Erbringung des Internetdienstes und dessen Abrechnung erforderlich ist. Eine Überwachung der Internetnutzung darf nur stichprobenhaft oder bei konkretem Missbrauchsverdacht geschehen. Der Umfang der privaten Nutzung, ihre Bedingungen sowie die Kontrolle, ob diese Bedingungen eingehalten werden, müssen mit der betrieblichen Interessenvertretung (sofern eine solche vorhanden ist) verbindlich geregelt werden - am besten mit einer Dienst- oder Betriebsvereinbarung.

Kann der Betriebsrat mitbestimmen, wenn die Geschäftsführung eine Videoüberwachungsanlage oder andere technische Systeme zur Überwachung einsetzt?

Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört es, die Einhaltung der zu Gunsten der Arbeitnehmer bestehenden Gesetze zu überwachen. Der Betriebsrat hat bei Maßnahmen, mit denen der Arbeitgeber die Leistung oder das Verhalten von Arbeitnehmern prüfen oder überwachen könnte, ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz. Einzelheiten und Grenzen des Einsatzes von Überwachungsanlagen oder auch die privaten Nutzung des Internet am Arbeitsplatz sollten in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden.

Welche Daten darf mein Arbeitgeber über mein Surfverhalten speichern?

Grundsätzlich lassen sich die Aktivitäten jedes einzelnen Beschäftigten im Internet umfänglich protokollieren. Anhand des Protokolls lässt sich auch genau nachvollziehen, wer was gelesen hat. Doch berühren diese Systemprotokolle das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten. Deshalb müssen Umfang, Verwendung und Zugriff auf die Protokolldaten zuvor genau festgelegt sein - am besten in einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat. Speichern darf der Arbeitgeber die Daten nur so lange, wie dies zur Erfüllung konkreter Zwecke erforderlich ist. Das sind in der Regel wenige Tage. Nur bei begründetem Missbrauchsverdacht kann eine weiter gehende Einsicht in die Protokolldaten vorgenommen werden.

Darf der Chef private E-Mails lesen?

Nein. Der Arbeitgeber ist nicht befugt, private E-Mails zu lesen. Ausnahmen hiervon bestehen nur zur Gefahrenabwehr, beispielsweise bei Viren oder bei dringendem Verdacht auf Verrat von Geschäftsgeheimnissen. Das Direktionsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber allerdings, sich den Inhalt geschäftlicher E-Mails zeigen zu lassen oder den Empfang und Versand private E-Mails generell zu untersagen.

Wie kann mein Chef mich überhaupt am Arbeitsplatz ausspionieren?

Technisch ist das überhaupt kein Problem. Es gibt spezielle Spionage-Programme, so genannte Key-Logger, die jeden einzelnen Tastendruck protokollieren und so alle E-Mails und jeden Chat mitverfolgen können. Auch der Systemadministrator kann problemlos alle Inhalte einsehen. Wenn er seine Erkenntnisse weitergibt, ist auch der Chef im Bilde. Und schließlich hinterlässt jeder Gang ins Internet seine Spuren: Cookies, Cache-Speicher und der Verlauf zuletzt besuchter Internetseiten verraten alles.

Darf ich überhaupt heimlich kontrolliert werden?

Nein, grundsätzlich dürfen keine permanenten heimlichen Leistungs- und Verhaltenskontrollen durchgeführt werden, weil sie gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen. Auch vom Arbeitgeber eingesetzte Spionage-Programme sind nur in bestimmten Ausnahmesituationen erlaubt. Der Betriebsrat muss in jedem Fall vorher über den möglichen Einsatz solcher Programme informiert werden und zustimmen.

Was kann ein Arbeitnehmer gegen PC-Überwachung unternehmen?

Der Beschäftigte kann vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser die unrechtmäßigen Überwachungsmaßnahmen unterlässt. Dieser Unterlassungsanspruch kann gerichtlich eingeklagt werden. Möglicherweise steht dem betroffenen Arbeitnehmer auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts und unter Umständen auch ein Schmerzensgeld zu. In jedem Falle sollte sich der Arbeitnehmer mit dem Betriebsrat und seiner Gewerkschaft in Verbindung setzen. Auch eine Benachrichtigung des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit ist empfehlenswert: www.bfdi.bund.de

Was ist mit meinem Persönlichkeitsrecht, wenn mein Arbeitgeber meinen LKW mit dem Ortungssystem GPS ausgestattet hat?

Auch Systeme der Überwachung der Flotte von Speditionen dürfen nicht zur Leistungs- oder Verhaltenskontrolle eingesetzt werden.

Darf ich am Arbeitsplatz per Video überwacht werden?

Nein, nicht dauerhaft. Das hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt schon 2004 entschieden. Eine dauerhafte, verdachtsunabhängige Videoüberwachung ist unverhältnismäßig und verstößt gegen die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer (Az. 1 ABR 21/03). Allerdings darf eine zweckgebundene Videoüberwachung durchgeführt werden, etwa zum Schutz vor Ladendiebstählen, zur Absicherung von Gefahrenstellen oder als Vorkehrung gegen Einbrüche. Wenn Arbeitnehmer dann durch den überwachten Bereich laufen, dürfen auch sie aufgezeichnet werden. Der Zweck der Videoüberwachung darf aber nicht sein, Mitarbeiter ohne konkreten Verdacht dauerhaft zu überwachen. Natürlich muss der Intimbereich - Toiletten, Duschen, Umkleideräume - von solchen Videoüberwachungen frei bleiben.

Die Arbeitsgerichtsbarkeit hat folgende Grundsätze einer Videoüberwachung entwickelt:
- Um nicht gegen die Reche der Arbeitnehmer zu verstoßen, muss der Videoüberwachung ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers zugrunde liegen, etwa der Schutz vor dem Verlust von Firmeneigentum durch Diebstahl. Dies muss der Arbeitgeber aber vor Beginn der Überwachung durch konkrete Anhaltspunkte und Verdachtsmomente belegt haben. Eine vage Vermutung reicht nicht aus;
- muss die Überwachung grundsätzlich mittels einer sichtbaren Anlage durchgeführt werden. Die Belegschaft muss vor der Überwachung informiert werden. Eine "verdeckte" Kamera ist nur ausnahmsweise rechtens, wenn dies die einzige Möglichkeit darstellt, das berechtigte schutzwürdige Interesse des Arbeitgebers zu wahren;
- muss der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beachtet haben. Allerdings: Auch wenn der Betriebsrat zugestimmt hat, wird eine unzulässige Überwachung dadurch nicht legitimiert.

Was ist, wenn mein Arbeitsplatz in einem öffentlich zugänglichen Raum (Supermarkt, Bank) liegt?

In diesen Fällen greifen die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes: Nach § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist eine dauerhafte Videoüberwachung aus Sicherheitsbedürfnissen heraus (Schutz vor Diebstahl, Vandalismus, Schutz von Personen) zulässig, auch wenn dieser Bereich Arbeitsplätze umfasst. Hier sind die Arbeitnehmer nicht der eigentliche Beobachtungsgegenstand. Allerdings muss der Arbeitgeber das Verhältnismäßigkeitsprinzip und die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten wahren. Die Überwachung muss erforderlich sein, es dürfen keine objektiv zumutbaren Alternativen zur Videoüberwachung gegeben sein. Außerdem muss die Mittel-Zweck-Relation gewahrt werden: Die Überwachung darf also nicht durchgeführt werden, um geringfügige Verstöße (zum Beispiel die Einhaltung des Rauchverbotes) zu ermitteln.

Eine Auswertung der Beobachtungsergebnisse zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle ist nicht erlaubt. Die Zwecke der Überwachung müssen im Vorfeld konkret festgelegt werden, also dokumentiert und jedem Interessierten offen gelegt werden (§ 4g Abs. 2 BDSG).

Muss der Betriebsrat bei einer Videoüberwachung gefragt werden?

Ja, die Videoüberwachung in öffentlich nicht zugänglichen Räumen unterliegt nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Dieser muss den Maßnahmen des Arbeitgebers zustimmen.

Darf mein Arbeitgeber aufzeichnen, worüber ich mich mit Kollegen unterhalte?

Grundsätzlich nein. Vor allem dürfen Aufzeichnungen der Mitarbeiter-Unterhaltung nicht für Kündigungen verwertet werden. Das geht aus einem Urteil des LAG Frankfurt vom 4.10.2001 hervor. Das Mikrofon einer Überwachungskamera in einer Bäckerei hatte ein Gespräch unter Arbeitnehmern aufgezeichnet, bei dem eine Mitarbeiterin ihre Chefin als "faules Biest" bezeichnet hatte. Die Inhaberin der Bäckerei durfte jedoch diese Information nicht zur Kündigung der Mitarbeiterin nutzen (Az. 2 Sa 879/01).

Darf der Arbeitgeber die durch eine rechtswidrige Überwachung gewonnenen Erkenntnisse verwerten?

Nein.

DGB-Rechtsschutz

Letzte Änderung: 05.06.2008