Betreuung - Selbstbestimmt vorsorgen

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11.06.2008 Niemand denkt gerne über Krankheit, Alter und den eigenen Tod nach.

Dennoch sollte man sich möglichst früh damit auseinandersetzen, was geschieht, wenn man selbst nicht mehr über das eigene Schicksal entscheiden kann. Dabei sind aber viele Details zu beachten, denn selbst eine Vorsorgevollmacht reicht mitunter nicht aus, um sich ein Betreuungsverfahren zu ersparen.

Täglich besucht Rainer J. seine Mutter im Pflegeheim. Nur an wenigen Tagen erkennt sie ihn noch. Die 98-jährige leidet an Alzheimer und kann ihr Bett nicht mehr verlassen. Die Entscheidung, seine Mutter in ein Heim zu geben, fiel dem Sohn nicht leicht, doch zu Hause konnte er die Aufsicht nicht mehr sicherstellen: eine Betreuung rund um die Uhr war nötig.

Wichtige Klausel fehlte

Auf so eine Situation hatten sich Mutter und Sohn mit einer Vorsorgevollmacht vorbereitet. Damit sei alles geregelt, glaubte Rainer J. Doch das sollte sich als Irrtum herausstellen. Vor Jahren mussten am Bett seiner Mutter Gitter angebracht werden, da sie sich beim Sturz bereits zweimal verletzt hatte. Eine Einschränkung der Lebensqualität war das aus Sicht der Angehörigen und der Mutter nicht, sondern nur zu deren Schutz. Das Gesetz hat dazu aber eine andere Meinung, kann man das Bett, wie damals noch der Fall, selbst verlassen, gelten Gitter als freiheitsentziehende Maßnahme. Und die muss vom Amtsgericht genehmigt werden.

Reine Formsache, dachte Rainer J. und verließ sich auf die Vorsorgevollmacht. Die aber reichte laut Amtsgericht nicht aus, denn eine Klausel zum Freiheitsentzug fehlt darin. So musste das Gericht einen Betreuer bestimmen, die Wahl fiel auf den Sohn. Seit drei Jahren ist der Sohn der offizielle Betreuer seiner Mutter.

Formeller Aufwand und Kosten

Rainer J. muss regelmäßig an das Gericht berichten, die Notwendigkeit der Gitter jedes Jahr aufs Neue begründen. Als seine Mutter vollends bettlägerig wurde, änderte sich die Situation. Weil sie ohnehin nicht mehr aufstehen kann, müssen die Gitter nun nicht mehr genehmigt werden. Alles erledigt, dachte der betreuende Sohn. Aber falsch, denn von der Justizkasse kam unverhofft Post. Eine Rechnung für drei Jahre Betreuung, insgesamt fast 290,- Euro. Dass er als Sohn und Betreuer in einer Person auch noch Kosten bezahlen soll, findet er etwas sonderlich - zumal seine Mutter das Geld nicht hat. Ihr Einkommen deckt gerade mal die Unterkunft, was fehlt, zahlt Rainer J. Und nun auch noch die Betreuungskosten.

Vermögende Betreute zahlen

Zuständig für dieses Betreuungsverfahren ist das Amtsgericht Bingen. Wieso Rainer J. nun zur Kasse gebeten wird, fragen wir dort. Der Gesetz sehe grundsätzlich vor, dass ein Betreuter Gerichtsgebühren zu zahlen hat, wenn sein Vermögen 25.000,- Euro übersteigt. Die Mutter von Rainer J. liege als Eigentümerin eines Grundstücks, das sie nicht selbst bewohnt, über dieser Grenze. Weil seine Mutter als Miteigentümerin des Reihenhauses von Rainer J. eingetragen ist, kommt sie über die Freigrenzen - zumindest auf dem Papier.

Bleibt dem Sohn also nur, zu zahlen. Und zwar Geld, dass er ohne Betreuungsverfahren gespart hätte. Seine eigene Vorsorgevollmacht hat er daraufhin ergänzt und eine entsprechende Betreuungsklausel eingefügt. Seinen Kindern soll ein solcher Ärger erspart bleiben.

SWR

Letzte Änderung: 11.06.2008