Bsirske in Turbulenzen

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04.08.2008 Gratisflug in den Urlaub bringt Gewerkschaftschef scharfe Kritik ein

Gewerkschaftschef Frank Bsirske ist gratis mit der Lufthansa in die Ferien gereist. Juristisch war das sauber, dennoch wird sein Rücktritt gefordert.
Während sich der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mit seiner Ehefrau unter Palmen in der Südsee erholt, erregt er zu Hause die Gemüter. Nicht am Ziel der Urlaubsreise entzündet sich Kritik, sondern an den Umständen: Das Ehepaar Bsirske flog 1. Klasse gratis mit der Lufthansa.

Verdi-Sprecher Harald Reutter bestätigte den Freiflug von Frankfurt nach Los Angeles. Den Anschlussflug zum Urlaubsort in der Südsee habe Bsirske aber selbst bezahlt. Die Reise sei nach den für Aufsichtsräte der Lufthansa (LH) üblichen Regeln erfolgt.

Bsirske sitzt seit Jahren als Arbeitnehmervertreter im LH-Kontrollgremium. Daher steht ihm ein Kontingent an Freiflügen zu. Aus rechtlicher Sicht sei der Flug nicht zu beanstanden, hieß es bei der Fluggesellschaft.

Die Reaktionen fielen am Wochenende heftig aus. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte: "Herr Bsirske soll in der Südsee bleiben. Wenn er jetzt nicht zurücktritt, sollten ihm die Gewerkschafter den Stuhl vor die Tür setzen. "

Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) kritisierte Bsirske ebenfalls scharf: "Anderen Wasser predigen und selbst nicht nur Wein, sondern den allerbesten Champagner trinken. "

Der CSU-Wirtschaftsexperte Hans Michelbach warf Bsirske vor, er agiere nach dem Motto "links reden, rechts leben. Eigentlich müsste er jetzt zurücktreten. "

Auch bei den eigenen Parteifreunden stieß Grünen-Mitglied Bsirske auf wenig Verständnis. "Rein formal ist der Urlaubsflug zwar nicht zu beanstanden ", stellte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Thea Dückert, fest. "Aber von Fingerspitzengefühl zeugt das nicht. " Verdi-Sprecher Harald Reutter wies die Vorwürfe zurück, Bsirske habe mit seinem Urlaubsantritt kurz vor Beginn des Arbeitskampfes bei der Lufthansa die eigenen Reihen im Stich gelassen: "Als Herr Bsirske in den Urlaub fuhr, waren die Verhandlöungen zwischen Verdi und Lufthansa noch nicht abgebrochen. "

Bsirske steht seit der Verdi-Gründung im März 2001 an der Spitze dieser mit heute rund 2,3 Millionen Mitgliedern weltweit größten Einzelgewerkschaft. Zweimal wurde der 56-Jährige mit glänzenden Ergebnissen wiedergewählt, zuletzt im Oktober 2007 mit 94,3 Prozent. AP/dpa

SÜDWEST PRESSE,04.08.2008

Letzte Änderung: 04.08.2008