Obi darf BRV nicht kündigen

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02.09.2008 Das Ludwigsburger Arbeitsgericht sieht keine Beweise für die Anschuldigungen gegen einen Bietigheimer Marketingleiter Bietigheim-Bissingen.

Das Arbeitsgericht hat den Betrugsvorwurf zurückgewiesen, den Obi als Kündigungsgrund gegen den Betriebsratsvorsitzenden im Bietigheimer Markt angegeben hatte. Der Streit drehte sich um einen Tannenbaum im Wert von 12,50 Euro.

Von Christine Bilger

In rosafarbenem Hemd hat Klaus Armbruster am Freitag um 17 Uhr nervös auf die Entscheidung des Ludwigsburger Arbeitsgerichts gewartet. Zehn Minuten später war er erleichtert. Das Gericht weise die Vorwürfe des Arbeitgebers zurück, verkündete die Richterin. Klaus Armbruster fiel Kollegen um den Hals und kündigte an, von Montag an wieder sein orangefarbenes Hemd zu tragen - die Arbeitskleidung des Baumarktes.

Am Montag werde er nämlich wieder arbeiten gehen, nachdem er für die Dauer des Gerichtsverfahrens von der Arbeit freigestellt gewesen war. In dem Verfahren war der Vorwurf untersucht worden, mit dem die Firma Obi die fristlose Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden begründet hatte. Sie war Klaus Armbruster, der Marketingleiter im Bietigheimer Obi-Markt ist, vor den Weihnachtsfeiertagen vergangenes Jahr ins Haus geflattert. Er habe einen Weihnachtsbaum mitgenommen, ohne ihn zu bezahlen, so die Version des Marktleiters.

Der Betriebsratsvorsitzende stellte es anders dar. Er habe die vom Arbeitgeber gewährten 50 Prozent Rabatt auf den Kauf eines Christbaums sowohl für sich als auch für seine Frau in Anspruch genommen, die im gleichen Markt arbeitet. Durch die Addition der Rabatte sei er zu dem Ergebnis gekommen, dass er den Baum umsonst erhalten müsste. Obi versuchte aufgrund des Vorwurfs vor dem Arbeitsgericht in einem sogenannten Zustimmungsersatzverfahren die Kündigung durchzusetzen.

Wäre das Gericht zu dem Schluss gekommen, die Vorwürfe seien gerechtfertigt, hätte das Verfahren die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung ersetzt. Diese wäre damit wirksam geworden. Für die Entscheidung des Arbeitsgerichtes sei es ausschlaggebend gewesen, dass der Marktleiter seinem Mitarbeiter den Betrug nicht habe beweisen können, so die Richterin. Am Abend des 13. Dezember, als Armbruster den Baum mit nach Hause nahm, telefonierte er vom Informationsstand an der Kasse aus mit dem Marktleiter.

Zum Inhalt dieses Gesprächs hatte das Gericht vor drei Wochen mehrere Zeugen gehört. Darunter waren der Marktleiter und ein Kollege, der neben Klaus Armbruster gestanden hatte, als die beiden telefonierten. Der Kollege bestätigte die Version des Betriebsratsvorsitzenden. Wegen seiner Aussage zum Telefonat hatte Obi einen zweiten Vorwurf gegen Armbruster erhoben: Sie werteten seine Angaben als Prozessbetrug. Auch das wies das Arbeitsgericht zurück.

Es ist ein Verfahren vor großem Publikum gewesen. Die Kollegen und Unterstützer aus den Reihen der Gewerkschaft hatten dem Betriebsratsvorsitzenden Klaus Armbruster an allen Verhandlungstagen den Rücken gestärkt. Sie bangten wie der Betroffene, weil sie fürchteten, eine Kündigung des Vorsitzenden würde den Betriebsrat so sehr schwächen, dass er auseinanderbrechen würde.

"Wenn ich weg bin, dann gibt es in Bietigheim keinen Betriebsrat mehr", hatte Armbruster bereits am ersten Verhandlungstag nach gescheitertem Gütetermin gesagt. Wäre ihm gekündigt worden, hätte es Neuwahlen für das Gremium geben müssen, weil der Betriebsrat dann unterbesetzt gewesen wäre. "Aber dazu fehlt den Leuten der Mut", hieß es aus den Reihen der Mitarbeiter. Er sei ein unbequemer Betriebsrat, weil er im vergangenen Herbst Streiks organisiert hatte, um die Tarifbindung des Bietigheimer Marktes zu erwirken, sagte Armbruster über sich. Die Kollegen sahen in dem Verfahren daher auch den Versuch, die Betriebsratsarbeit im Bietigheimer Obi-Markt zu beenden.

Zur Entscheidungsverkündung kam gestern auch Rainer Reichenstetter, ein Vertreter der Bundesverwaltung der Gewerkschaft Verdi. "Erfreulich" nannte er die Entscheidung, denn "es ist Obi nicht gelungen, einem Betriebsrat über die Konstruktion eines Vorwurfs zu kündigen", sagte er. Die Obi-Sprecherin Johanna Walser war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Ursula Schorlepp

ver.di Bezirk Stuttgart

Letzte Änderung: 02.09.2008