Knall im Kampf um die Macht bei VW

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13.09.2008 Aufsichtsrats-Chef Ferdinand Piëch lässt Arbeitnehmerantrag passieren Piëch gegen Porsche, hieß es gestern im VW-Aufsichtsrat.

Der Ex-Chef und Oberaufseher von VW sowie der Miteigentümer des Großaktionärs Porsche sorgte für einen Eklat. Er stützte die Arbeitnehmer.

Der Machtkampf bei VW wird zum Machtkampf im Familienclan Porsche/Piëch. Es geht um knallharte Interessen innerhalb der Inhaberfamilien. Nachdem die Nadelstiche des VW-Patriarchen Ferdinand Piëch in den vergangenen Wochen immer heftiger geworden waren, kam es gestern bei der VW-Aufsichtsratssitzung in Wolfsburg zum Eklat: Der 71-Jährige stimmte bei einem Antrag nicht für den Stuttgarter Sportwagenbauer und stellte sich damit an die Seite von VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh - dem erbitterten Gegner von Porsche bei dem Übernahmekampf.

Mit überraschender Stimmenthaltung ließ der Aufsichtsratschef den Antrag der Arbeitnehmerseite passieren, wonach Geschäfte zwischen Porsche und der VW-Tochter Audi nur mit Zustimmung des Wolfsburger Aufsichtsrates geschlossen werden dürfen.

Mit dieser bewussten Provokation torpedierte der machtbewusste und als skrupelloser Taktiker bekannte Manager nicht nur die Strategie bei der Zusammenführung der beiden Autobauer. Er ließ auch seinen Cousin Wolfgang Porsche im Regen stehen und unterhöhlte dessen Stellung in der Familie. Der Sohn des Porsche-Gründers Ferry Porsche galt bis zu diesem Freitag eigentlich als Anführer des Familien-Clans und geschickter Verhandler sowie Moderator im Hintergrund. Von dem Husarenstreich seines Cousins soll der Vorsitzende des Porsche-Aufsichtsrates jedoch völlig überrascht worden sein.

Bei der Suche nach Gründen herrschte kurz nach der für Porsche verhängnisvollen Sitzung zunächst Ratlosigkeit. Vor wenigen Wochen hatten die beiden ungleichen Manager noch unisono erklärt, dass zwischen sie kein Blatt passe und die Interessen der Familien über allen Streitigkeiten stehen, die bei der geplanten Mehrheitsübernahme des Sportwagenbauers bei VW angefallen sind. Spätestens als jedoch vor wenigen Tagen Meldungen die Runde machten, der VW-Aufsichtsrat wolle den Porsche-Chef Wendelin Wiedeking absetzen, war der Vertrauensbruch innerhalb der Familie deutlich zu spüren.

Als Grund für seine Degradierungspläne soll Patriarch Piëch erklärt haben, dass Wiedeking seit dem Einstieg Porsches beim VW- Konzern aus den befreundeten Unternehmen fast schon Feinde gemacht habe. Unklar ist, ob innerhalb der Familie nun eine ähnliche Gemengelage entstanden ist. Wann eine kllärende Aussprache kommen wird, ist noch unklar. In der Aufsichtsratssitzung hatte es keine Chance zum Streitgespräch gegeben: Piëch fehlte und hatte seine Stimmrechte an seinen Stellvertreter, Ex-IG-Metall-Chef Jürgen Peters, delegiert - einen Vertrauten von VW-Betriebsratschef Osterloh. Dass dieser in den Putsch-Plan eingeweiht wurde, ist möglich.

Bei VW gibt es unter anderem Befürchtungen, dass Porsche wegen möglicher Überschneidungen Einfluss auf die Modellpolitik beim Konkurrenten, der erfolgreichen VW-Tochter Audi nehmen könnte.

Wie es in dem Übernahmekampf weitergehen wird, ist nach dem Eklat mehr als offen. Neben dem Familienstreit ist die Zukunft des VW- Gesetzes weiter unklar. Obwohl die EU-Kommission die in dem Gesetz verankerten Sonderregelungen für Volkswagen als nicht mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar ansieht und die Bundesregierung verklagen will, hält Niedersachsen Ministerpräsident Christian Wulff unbeirrt daran fest. Nicht ganz so lange wird es dauern, bis Porsche sein Etappenziel erreicht hat. Es wird damit gerechnet, dass sich die Stuttgarter die faktische Mehrheit von 36 Prozent bei VW noch im September gesichert haben werden. dpa

SÜDWEST PRESSE,13.09.2008

Letzte Änderung: 13.09.2008