11.000 Erzieher bestreiken Kitas

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19.05.2009 Hunderte kommunale Kitas in unbefristetem StreikHunderte kommunale Einrichtungen geschlossen

Rund 11.000 Erzieher haben heute in mehreren Bundesländern ihre Arbeit niedergelegt. Zahlreiche Kindertagesstätten und Jugendeinrichtungen blieben geschlossen. "Wir haben eine höhere Streikbeteiligung, als wir ursprünglich gedacht haben", sagte eine Sprecherin der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.

Ein Streik-Schwerpunkt war Nordrhein-Westfalen, auch in Rheinland- Pfalz, Schleswig-Holstein, Hessen, Bremen und Baden-Württemberg mussten hunderte kommunale Kitas geschlossen bleiben. So wurden etwa in Bremen 60 von 70 Kitas bestreikt, wie ein Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sagte. Auch in Kassel seien fast alle Einrichtungen zu. In Ulm waren 20 von 22 Einrichtungen betroffen. Der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner (SPD) kritisierte den Streik: "Die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen sind alles andere als unmenschlich", sagte er. Angesichts des dramatischen Rückgangs der Steuereinnahmen könnten Städte und Gemeinden nicht noch mehr Geld für die Kinderbetreuung aufwenden.

"Und dann werden wir das noch weiter anziehen"Ver.di kündigte unterdessen an, den Streik weiter auszuweiten: Am 18. und 19. Mai soll dann auch in Bayern, Niedersachsen und im Saarland gestreikt werden. "Geld und Atem für den Arbeitskampf werden sehr, sehr lange reichen", sagte ver.di-Chef Frank Bsirske. "Wir sind steigerungsfähig", sagte Jürgen Reichert, für Soziales zuständiger ver.di-Landessekretär in Nordrhein-Westfalen.

Mit dem heutigen Tage sowie Montag und Dienstag fange man an, "und dann werden wir das noch weiter anziehen". Zentrales Ziel sei, die Arbeitgeber zu bewegen, an einen Verhandlungstisch zu kommen, um einen Tarifvertrag für den Gesundheitsschutz abzuschließen. "Und da weigern sie sich, diese Sache anzunehmen und überhaupt nur mit uns darüber zu sprechen", erklärte Reichert.

"Es geht ja nicht gegen die Kinder"Die Eltern hätten sich sehr gut auf die Streiks eingestellt und meist andere Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder organisiert. Um die Eltern auf Kita-Schließungen vorzubereiten, habe ver.di in den vergangenen Tagen Elternbriefe verteilt, in denen man auf die Streiks hingewiesen habe. Auch gebe es immer Notgruppen, damit kein Kind auf der Straße stehe. "Es geht ja auch nicht gegen die Kinder", sagte Reichert.

Die Eltern zeigten großes Verständnis für die Forderungen, sagte Bundesvorstandsmitglied Achim Meerkamp. Sie wüssten, dass eine Aufwertung des Berufes wichtig sei und dass bessere Arbeitsbedingungen auch ihren Kindern zu Gute kämen. "Damit helfen sie, den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen", so Meerkamp.

"Krank machende Arbeitsbedingungen" beseitigen

In einer Urabstimmung hatten sich 89,9 Prozent der ver.di-Mitglieder für Arbeitsniederlegungen ausgesprochen. Zusammen mit der GEW will ver.di einen tarifvertraglich geregelten Gesundheitsschutz für 220.000 Erzieher und Sozialarbeiter bei den Kommunen durchsetzen. Die körperlichen und psychischen Belastungen der Erzieher hätten sich in den vergangenen Jahren gehäuft. Hinzu komme, dass der Einkommensbereich in vielen Fällen gerade für Neueingestellte sehr schlecht sei. Gut ein Drittel der Kita-Mitarbeiter in Teilzeit verdiene nicht mehr als 1.500 Euro brutto.

Ver.di und GEW hatten die Verhandlungen über den neuen Gesundheitstarifvertrag Ende April für gescheitert erklärt. Nun soll das "Instrument zur Beseitigung krank machender Arbeitsbedingungen" mit Streiks durchgesetzt werden. An einem Warnstreik am 6. Mai hatten sich nach Gewerkschaftsangaben 19.000 Beschäftigte beteiligt.

Die Arbeitgeber werfen den Arbeitnehmervertretern vor, es gehe ihnen gar nicht um Gesundheitsschutz, sondern um bessere Bezahlung. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen plädierte für bessere Bezahlung und Karrierechancen für Erzieher. "Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung muss auch eine bessere Qualität einhergehen. Das kostet selbstverständlich Geld", sagte sie den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". Zu einer Aufwertung des Berufes gehörten auch Karrierechancen.

tagesschau,15.05.2009

Letzte Änderung: 19.05.2009