Pauschal gegen Urlaub

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22.06.2009 Wenn der Arbeitgeber den Urlaubsantrag eines oder einer Beschäftigten ablehnt, muss er seine Gründe vor dem Arbeitsgericht detailliert vorlegen.

Eine Drogeriekette jedenfalls war in einem von Rechtssekretärin Angela Remer betreuten Rechtsstreit dazu nicht in der Lage.

Der Arbeitgeber kann den gewünschten Zeitpunkt eines Urlaubs nicht ohne triftige Begründung ablehnen. Eine Verkäuferin in München konnte ihren Urlaubsanspruch zu einem bestimmten Datum erfolgreich per einstweilige Verfügung durchsetzen.

Die Mitarbeiterin einer Filiale der Drogeriekette Schlecker hat zwei kleine Kinder, die beide den Kindergarten besuchen. Da dieser über die Weihnachtszeit bis zum 6. Januar dieses Jahres geschlossen war, sah sich die berufstätige Mutter gezwungen, in dieser Zeit Urlaub zu nehmen. Für das Jahr 2008 hatte sie noch einen Anspruch auf sechs freie Tage.

Bereits einen Monat zuvor beantragte die Verkäuferin schriftlich, in der Zeit vom 22. Dezember 2008 bis 5. Januar 2009 Urlaub nehmen zu können. Das lehnte die Betriebsleitung der Firma AS Schlecker ohne weitere Begründung ab.

Vor Gericht hatte Arbeitgeber keine Beweise
Jetzt hieß es, schnell zu handeln. Die Verkäuferin, Mitglied bei ver.di, wandte sich an ihre Gewerkschaft, die sie an das zuständige Büro der DGB Rechtsschutz GmbH in München verwies. Rechtssekretärin Angela Remer stellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, um rechtzeitig vor dem gewünschten Urlaubsbeginn eine Entscheidung zu erlangen.

Die Rechtssekretärin reichte beim Arbeitsgericht München eine eidesstattliche Versicherung der Schlecker-Mitarbeiterin ein. "Diese eidesstattliche Versicherung muss ganz konkret begründen", erläutert Angela Remer, "warum die einstweilige Verfügung erforderlich ist".

Das Arbeitsgericht München beraumte kurzfristig einen Erörterungstermin an: Beide Parteien sollten mündlich Stellung nehmen können. "Dabei hat der Arbeitgeber versäumt", stellt die Rechtssekretärin fest, "Beweise für die betriebliche Beeinträchtigung bei einer urlaubsbedingten Abwesenheit unsere Mandantin zu liefern." Der Vorgesetzte der Verkäuferin hatte sich als Prozessbevollmächtigter nur pauschal geäußert.

Zum Beispiel wies er allgemein auf das Weihnachtsgeschäft als Höhepunkt des Jahresumsatzes hin. "Daraufhin haben wir einen Vergleich angeboten: Unsere Mandantin wollte ihren Urlaub erst am 27. Dezember beginnen", berichtet die Münchener Rechtssekretärin. Das lehnte die Gegenseite ab und so entschied das Gericht - zugunsten der Klägerin. Begründung: Die Klägerin hat gesetzlichen Anspruch auf Urlaub und darauf, diesen im laufenden Jahr zu nehmen.

Die Argumente des beklagten Arbeitgebers fand das Arbeitsgericht weder schlüssig noch konkret - nicht einmal die behauptete Urlaubssperre zur Weihnachtszeit wurde bewiesen.

Arbeitsgericht München am 17. Dezember 2008, Az. 6 Ga 249/08

Urlaubsanspruch vor Gericht
Urlaub muss vom Arbeitnehmer geltend gemacht werden. Der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, von sich aus tätig zu werden. Wird von der Geschäftsleitung ein Betriebsurlaub für alle festgelegt, ist dieser nach § 7 Bundesurlaubsgesetz mitbestimmungspflichtig. Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber aber einseitig einen Urlaubstermin für einzelne Arbeitnehmer festlegen. Dem kann der Arbeitnehmer aber widersprechen, indem er einen ihm genehmen konkreten Zeitpunkt für den Urlaub äußert - am besten schriftlich.

Gibt es einen Betriebsrat, sollte sich der Arbeitnehmer an diesen wenden. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 Betriebsverfassungsgesetz kann dieser auf Wunsch des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber verhandeln. An deren Einigung auf einen Urlaubstermin ist der Arbeitnehmer nicht gebunden. Er kann dann rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen - zum Beispiel per einstweilige Verfügung (siehe unten).

Urlaubsanspruch nach Krankheit
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Januar Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes für nicht vereinbar mit Europäischem Recht erklärt. Demnach besteht für Arbeitnehmer, die wegen einer längeren Krankheit ihren Urlaub nicht antreten konnten, der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub weiter - auch nach dem Stichtag des 31. März des Folgejahres.

EuGH am 20. Januar 2009, Az. C 350/06

Wen es eilig ist ...
Einstweilige Verfügung

Auch vor den Arbeitsgerichten ist die einstweilige Verfügung zugelassen. Hier hat der Beantragende Interesse an einer beschleunigten Klärung, beispielsweise bei der Durchsetzung des Urlaubsanspruches oder von Teilzeitarbeit (LAG Rheinland-Pfalz - Az. 3 Sa 161/02). In nur einem Termin müssen alle Gründe und Ansprüche begründet dargelegt werden. Viele Arbeitsgerichte verlangen die Einreichung einer eidesstattlichen Versicherung. Nicht immer wird ein mündlicher Verhandlungstermin anberaumt - das Gericht kann auch nur nach schriftlichem Vortrag entscheiden.

Letzte Änderung: 22.06.2009