Schwieriger Tarifrunde

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11.01.2010 Öffentlicher Dienst vor schwieriger Tarifrunde Die Fünf-Prozent-Forderung von Verdi halten die Arbeitgeber in Krisenzeiten für unfinanzierbar

Ab Mittwoch wird über Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst verhandelt. Es geht um mehr als eine Million Beschäftigte in Bund und Kommunen.

Berlin Im öffentliche Dienst droht eine harte Tarifauseinandersetzung. Am Mittwoch beginnen die Tarifverhandlungen für rund 1,2 Millionen Angestellte in den Kommunen und beim Bund. Den Spielraum für Lohnzuwächse schätzen beide Seiten dabei völlig unterschiedlich ein.

Die Gewerkschaft Verdi und die Tarifunion des Beamtenbundes pochten am Wochenende auf Einkommensverbesserungen von fünf Prozent. "Wir haben einen Nachholbedarf im öffentlichen Dienst", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. Er verwies dabei auf Zahlen der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Demnach sind die Löhne in der deutschen Wirtschaft zwischen 2000 und 2009 um fünf Prozent stärker gestiegen als im öffentlichen Dienst. Auf 17 Prozent beläuft sich das Plus den Berechnungen zufolge im öffentlichen Dienst, während die Tarifvergütungen in der Gesamtwirtschaft um 21,4 Prozent stiegen, in einzelnen Branchen wie der Metallindustrie sogar um bis zu 27,4 Prozent.

Verdi und die Tarifunion des Beamtenbundes haben sich zum zweiten Mal auf eine gemeinsame Marschroute für die Verhandlungen verständigt. Die Forderung mit einem Gesamtvolumen von fünf Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten wurde im Dezember von der Verdi-Tarifkommission festgelegt. Neben einer spürbaren Gehaltserhöhung will die Gewerkschaft auch eine tarifliche Altersteilzeitregelung durchsetzen. Für einzelne Berufsgruppen wie Pfleger soll es Zuschläge für Sondereinsätze geben.

Der Tarifabschluss hat in der Regel Signalwirkung auch für die Beschäftigten bei Wohlfahrtsverbänden oder der Bundesagentur für Arbeit. Betroffen sind insgesamt zwei Millionen Arbeitnehmer. Eine fünfprozentige Lohnsteigerung entspricht Mehrkosten im Umfang von knapp 4,6 Milliarden Euro. Nach Auffassung von Verdi und Beamtenbund könnte dadurch die Kaufkraft erheblich gesteigert werden. Dieses Argument führen Gewerkschaften immer wieder an, um auch in Zeiten schlechter Konjunktur höhere Forderungen zu begründen.

Die Arbeitgeber halten Zusatzausgaben in dieser Höhe vor dem Hintergrund gesunkener Steuereinnahmen für realitätsfremd. Sie wiesen die Forderung am Wochenende abermals als "nicht finanzierbar" zurück. Die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) forderte eine Tarifpolitik "mit Augenmaß". Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, warnte: "Viele Städte wären gezwungen, weiter Personal abzubauen und öffentliche Dienstleistungen zurückzufahren."

Zu einem ersten Schlagabtausch dürfte es schon bei der Jahrestagung des Beamtenbundes heute in Köln kommen. Dort wird Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erwartet.

In der Tarifrunde des Jahres 2008 hatte Verdi acht Prozent mehr Geld bei zwölf Monaten Laufzeit gefordert. Heraus kam eine zweitstufige Lohnerhöhung von 3,1 und 2,8 Prozent bei einer Laufzeit von 24 Monaten.

südwest presse,11.01.2010

Letzte Änderung: 11.01.2010