Hengen ist vom Tisch

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15.01.2010 Ein neuer Generalbevollmächtigter, eine neue strategische Ausrichtung, alte Sorgen: Gestern hat Magura die Belegschaft über die Folgen des Umsatzrückganges informiert.

Der Gürtel wird enger geschnallt.

Magura wird sich nach einem 22-prozentigen Umsatzrückgang im vergangenen Jahr neu orientieren. Das hat das Unternehmen gestern während einer Belegschaftsversammlung bekannt gegeben. Zudem wurde den Mitarbeitern ein neues Mitglied der Geschäftsleitung vorgestellt: Es handelt sich dabei um Michael Marks, der mit 20-jähriger Geschäftsführererfahrung aus Nordrhein-Westfalen zu Magura wechselte. Gestern hatte er seinen ersten Arbeitstag, er wurde als Generalvevollmächtigter eingestellt.

Der Umsatzrückgang von 63,4 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 50 Millionen im vergangenen Jahr ist nach Ansicht der Unternehmensleitung keine kurzfristige Delle aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise, sondern auch die Folge sich verändernder Marktbedingungen, wie Thomas Raith, Magura-Geschäftsführer, gestern ausführte. Mittel- und langfristig sei nicht mit einer nennenswerten Umsatzsteigerung zu rechnen. Allenfalls marginal, weswegen der vor eineinhalb Jahren eingeschlagene Weg der Restrukturierung nicht nur von einem Unternehmensberater überprüft wurde, sondern auch künftig fortgeschrieben werden soll.

"Um schnell weiter Fahrt aufzunehmen", wie Raith betonte. Darauf, dass das nicht ohne Einschnitte für die Belegschaft funktionieren wird, deutet einiges hin. Allein schon die Tatsache, dass die Unternehmensleitung nächste Woche Gespräche führen wird: mit dem Betriebsrat und der IG Metall. Nun gilt es, die Kosten für Material, aber auch fürs Personal zu senken, wie Michael Marks erläuterte."Es geht darum, die Kostenstruktur an die Umsätze anzupassen." Im selben Zeitraum, wie der Umsatz um 22 Prozent gesunken ist, sind die Personalkosten um zwölf Prozent gestiegen, so Marks.

In dem Bereich müsse man "noch mal kräftig arbeiten", wobei Marks auch betonte, dass die Größe für Kosteneinsparung Euro sei, nicht etwa Köpfe. Weitere Entlassungen seien also zunächst nicht geplant. Gleichwohl wird die Abteilung "Mechanische Bearbeitung" im Jahr 2011 aufgegeben werden. Davon seien zehn bis 15 Mitarbeiter betroffen. Wegen der geringeren Stückzahlen ist die Auslastung der Anlagen nicht mehr garantiert, zudem wären für neue Bearbeitungszentren hohe Investitionen fällig. Das, so Raith, lohnt sich nicht mehr.

Alle Kostenblöcke werden jetzt unter die Lupe genommen, vor allem Sonderzahlungen, Entlohnungsmodelle, Arbeitszeiten. Als letzten Schritt, um das Unternehmen der Umsatzhöhe anzupassen. Das große Ziel lautet, in drei Jahren wieder den Umsatz von 2008 erreicht zu haben.

Indessen könne man kein Unternehmen neu aufstellen, indem nur Kosten gespart werden, sagt Marks. Deswegen sucht Magura das Glück in neuen Märkten, Strategien und Produkten.

So wird beispielsweise für den asiatischen Fahrradmarkt künftig die Montage bei einer Magura-Tochter in Taiwan aufgenommen. Das verringert die Wartezeit nach Bestellungen erheblich. Statt in zwölf Wochen via Seeweg sind die Fahrräder in weniger als sechs Tagen beim Kunden oder "just in time", wie es Edmund Hirth, ebenfalls Mitglied der Magura-Geschäftsleitung, nennt.

Die komplette Produktion, auch fürs Asiengeschäft, verbleibt allerdings in Bad Urach, auf 100 Prozent "made in Germany" wird Wert gelegt, betont auch Dr. Rolf Nier, der als Geschäftsführer der Munz-Magenwirth-Beteiligungsgesellschaft die Entwicklung bei Magura im Auge behält.

Künftig werde sich das Unternehmen verstärkt den Geschäftsfeldern "Fahrrad" und "Kunststoffteile" widmen. Neue Produkte stehen teilweise vor der Marktreife, etwa neue Generationen von Felgenbremsen (kommen im Frühjahr auf den Markt) und Scheibenbremsen: "Wir werden den einen oder anderen Coup landen", verspricht Raith.

Der geplante Neubau einer Produktionshalle ist allerdings vorerst vom Tisch, damit ist auch das Gewerbegebiet in Hengen als möglicher Standort aus dem Rennen. Dennoch benötigt das Werk ein Gebäude, in dem Produktionsabläufe optimiert werden können. Eines zu mieten komme derzeit auch nicht in Frage, hieß es gestern. Aus Kostengründen. Dass in dieser Hinsicht etwas geschehe, sei sicher, so Dr. Nier. "Aber es ist noch nichts spruchreif."

südwest presse,15.01.2010

Letzte Änderung: 15.01.2010