Betriebsrat und IGM machen Druck

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17.01.2010 Der Aufsichtsrat der Automotive Lighting Reutlingen (ALRT) hat gestern die Entscheidung über die Verlagerung von 130 Arbeitsplätzen vertagt.

"Arbeitsplätze Lohnen sich in Reutlingen Tatsächlich", haben Betriebsrat und IG Metall dem Unternehmensnamen ALRT eine neue Bedeutung gegeben. Der Scheinwerferhersteller hatte Ende November angekündigt, im zweiten Quartal des Jahres die Reflektorenfertigung ins tschechische Jihlava und die Produktion von Leuchtweitenreglern, LED-Modulen, Sensoren und Abdeckscheiben ins thüringerische Brotterode zu verlagern. Davon wären 130 der rund 720 Mitarbeiter bei ALRT betroffen.

Gestern sollte der ALRT-Aufsichtsrat eine Entscheidung treffen, ebenso sollte das Gremium darüber beschließen, ob eine zweite Linie für den Bau von LED-Modulen in Reutlingen eingerichtet werden soll. In der Sitzung stellten der Betriebsratsvorsitzende Michael Jäger und der vom Betriebsrat engagierte Unternehmersberater Josef Beringer das Gegenkonzept der Arbeitnehmervertretung vor. Dessen Schlussfolgerung: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sei es sinnvoll, die gesamte Fertigung in Reutlingen zu belassen, sofern die vorhandenen Kapazitäten bewusst ausgelastet würden.

Dazu kommt ein weiterer Aspekt, der insbesondere die Produktion von LED-Modulen betrifft. "Das Know-how und das Wissen ist vor allem in Reutlingen vorhanden", betont auch der stellvertretende ALRT-Betriebsratsvorsitzende Willi Rebstock.

Gegen 9 Uhr betraten zudem rund 150 Mitarbeiter den Sitzungssaal, um eine Erklärung auf Deutsch und Italienisch vorzutragen. Darin heißt es unter anderem: "Woher nehmen diese Manager das Recht, mit der angeblichen Gesamtversorgung für das Unternehmen alles dem zu erwartenden kurzfristigen Gewinn unterzuordnen und dabei ein funktionierendes, schwarze Zahlen schreibendes Werk zu zerstören?" Weiter haben die Mitarbeiter erklärt, diese Pläne nicht kampflos hinzunehmen und sich bis zum Äußersten zu wehren. "Sie sind verantwortlich für das, was in den nächsten Wochen hier passiert, das müssen sie auch gegenüber unseren Kunden persönlich verantworten."

Dieser Auftritt, aber auch die Präsentation des Gegenkonzepts scheinen Eindruck auf die Mitglieder des Aufsichtsrats gemacht zu haben: Das Gremium vertagte die Entscheidung und beauftragte stattdessen die ALRT-Geschäftsleitung, Verhandlungen mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft aufzunehmen. Diese Gespräche beginnen am Montag. Gert Bauer, Erster Bevollmächtigter der IG Metall, ist mit der Entwicklung nicht unzufrieden: "Ich hatte mit einer Entscheidung gegen uns gerechnet."

Die IG Metall will den Druck auf ALRT hochhalten: Die Versammlung der dortigen Gewerkschaftsmitglieder hat sich am Donnerstag einstimmig für einen ganztägigen Warnstreik am Dienstag ausgesprochen. Am Donnerstag soll es, sofern der Landesvorstand der IG Metall am Montag zustimmt, eine Urabstimmung für einen Sozialtarifvertrag geben. Damit wäre auch die Friedenspflicht aufgehoben. Zudem ist Anfang Februar ein "Betriebsausflug" zum ALRT-Mutterkonzern Magneto Marelli in der Nähe von Mailand geplant.

Daneben hat sich der ALRT-Betriebsrat auch an die Gesamtbetriebsräte der Daimler AG und Audi gewandt - die Endabnehmer von Scheinwerfern, Leuchtweitenreglern und LED-Modulen. Diese haben sich, sagte Bauer, in Briefen dafür ausgesprochen, die Fertigung in Reutlingen zu belassen.

südwest presse,16.01.2010

Letzte Änderung: 17.01.2010