Zeitarbeit - im Prinzip gleichgestellt

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08.02.2010 Die Zeitarbeit gilt als sensibles Barometer für die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Mit der konjunkturellen Erholung könnte sie rasch anziehen. Hier ein Überblick über arbeitsrechtliche Kernpunkte.

Ulm Zeitarbeiter waren die ersten, die ihren Job durch die Krise verloren. Jetzt könnten sie wieder in der ersten Reihe stehen. Denn bevor Unternehmen eigene Mitarbeiter einstellen, leihen sie sich lieber Arbeitkräfte aus. Die Wirtschaftskrise hat Zeitarbeitsunternehmen voll getroffen, rund 300 000 Leiharbeiter haben 2009 ihren Job verloren. Zum Jahresende 2009 gab es noch etwa 450 000 Zeitarbeiter in Deutschland.

Vertragspartner und Chef

Den Arbeitsvertrag schließen das Zeitarbeitsunternehmen mit dem Beschäftigten und leiht ihn dann an ein anderes Unternehmen aus. "Weisungsgebunden ist der Zeitarbeiter gegenüber seinem Arbeitgeber und dessen Kunden", so Jörg Hennig, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Berliner Kanzlei HK2. Dadurch hat ein Leiharbeiter zwei Chefs, wobei sein Arbeitgeber für organisatorisches wie Urlaub und Bezahlung zuständig ist. Geht es um inhaltliche Fragen der Tätigkeit, Arbeitsschutz oder Qualität, dann hat der Leihbetrieb das Sagen. In der Zeitarbeit sind alle möglichen Qualifikationen zu finden, von der Hilfskraft über den Facharbeiter bis zum Ingenieur.

Soziale Absicherung

Zeitarbeiter sind anderen Arbeitnehmern rechtlich völlig gleich gestellt. Sie haben Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub, und genießen denselben Schwerbehinderten- und Mutterschutz sowie Kündigungsschutz. Weil aber das Gesetz vom Gleichbehandlungsgrundsatz Ausnahmen zulässt, sind Leiharbeiter in der Praxis häufig Arbeitnehmer zweiter Klasse.

Bezahlung

Mit der Gesetzesreform 2004 wurde zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit und Personal-Dienstleistungen und den Mitgliedsgesellschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes ein einheitlicher Tarifvertrag für Zeitarbeiter vereinbart und seither immer wieder aktualisiert. Der Tarifvertrag sieht neun Entgeltgruppen vor. Zur Gruppe 1 gehören Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit ohne Anlernzeit ausführen können, dafür erhalten sie einen Stundenlohn von mindestens 7,15 EUR. In Gruppe 9 sind Mitarbeiter mit akademischem Abschluss, ihr Stundenlohn liegt bei 16,69 EUR.

Für ununterbrochenen Einsatz beim selben Kunden steigen die Stundenlöhne nach neun Monaten um 1,5 Prozent, nach einem Jahr um 3 Prozent. Mit dem zweiten Jahr der Betriebszugehörigkeit in der Zeitarbeitsfirma gibt es Urlaubs- und Weihnachtsgeld, das jeweils 150 EUR beträgt. Beginnenden mit dem 1. Mai 2010 erhalten alle Leiharbeiter mehr Geld: die Tarifpartner haben eine schrittweise Erhöhung in allen Entgeltgruppen um zweimal 2,5 Prozent und eine Einmalzahlung von 80 EUR vereinbart.

Einsatzort und Einsatzdauer

Es gibt keine Beschränkung über die Einsatzdauer von Leiharbeitern, der Einsatzort kann im Vertrag festgelegt werden, was aber meistens aber erfolgt. Die ausleihenden Unternehmen erwarten die größtmögliche Flexibilität von Leiharbeitern, das ist ein Kriterium für die Arbeitsform Zeitarbeit. Räumliche Flexibilität erwarten die Zeitarbeitsfirmen deshalb auch von ihren Mitarbeitern - grundsätzlich.

"Es liegt in der Natur der Sache, dass Montagearbeiter unterwegs sind und Bürokräfte eben nicht. Genau so wie der Arbeitsinhalt im Arbeitsvertrag geregelt ist, kann der Einsatzort bestimmt werden", sagt Ludger Hinsen, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Zeitarbeit und Personal-Dienstleistungen. Bei überregionalen Einsätzen würden Fahrt-, Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen ersetzt.

Aufgaben, Auftragslage, Kündigung

"Jeder muss nur die Arbeiten verrichten, für die er eingestellt wurde und die im Arbeitsvertrag geregelt sind", stellt Rechtsanwalt Jörg Hennig fest. Eine Ausnahme stelle die Zumutbarkeitsklausel dar: Sofern ein Einsatz zumutbar ist, muss für eine Frist von maximal sechs Wochen eine geringere als vertraglich festgelegte Tätigkeit ausgeübt werden. Eine betriebsbedingte Kündigung ist beispielsweise nur möglich, wenn das Zeitarbeitsunternehmen keine Schlosser mehr beschäftigen wird, weil es keine Kunden mehr hat, die diese Qualifikation benötigen. Ein anderer Kündigungsgrund ist Auftragsmangel mit der Folge, dass dauerhaft keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht.

Übernahme, Arbeitszeugnis

Viele Leiharbeiter hoffen darauf, von der Firma übernommen zu werden, an die sie entliehen werden. Sollte der große Tag kommen, dann müssen sie ihren Arbeitsvertrag kündigen und mit dem neuen Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag schließen. Trotz eventuell schon mehrjähriger Tätigkeit in dieser Firma und in demselben Job beginnt das Arbeitsverhältnis einschließlich Probezeit von neuem. Das Arbeitszeugnis muss die Zeitarbeitsfirma ausstellen, obwohl der Arbeitnehmer seinen Job ganz woanders verrichtet hat.

südwest presse,08.02.2010

Letzte Änderung: 08.02.2010