Frauenquote - Telekom als Pionier

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16.03.2010 Bis 2015 sollen im Management 30 Prozent Frauen sein

Als erstes Dax-Unternehmen führt die Deutsche Telekom eine Frauenquote ein. Bis Ende 2015 sollen 30 Prozent der oberen und mittleren Führungspositionen im Unternehmen mit Frauen besetzt sein.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder begrüßt die Initiative der Deutschen Telekom. Bonn/Berlin "Mehr Frauen in Führungspositionen ist kein Diktat einer falsch verstandenen Gleichmacherei", begründete Telekom-Chef René Obermann die Entscheidung. Es sei "ein Gebot der gesellschaftlichen Fairness" und "eine handfeste Notwendigkeit" für den Erfolg des Unternehmens.

Überzeugt ist der Telekom-Vorstandsvorsitzende von der "betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit" der Frauenquote. Zahlreiche Studien belegten, dass Unternehmen mit einem höheren Frauenanteil ein signifikant besseres Unternehmensergebnis und höhere Rentabilität erzielten.

Die Umsetzung der 30-Prozent-Quote soll systematisch durch Zielwerte wie bei Neueinstellungen von Hochschulabsolventen, Auswahlprozessen sowie der Teilnahme an Führungskräfte-Entwicklungsprogrammen vorbereitet werden. Zudem will die Telekom ihr Programm zur Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben ausbauen. So sollen Elternzeitmodelle, flexible Arbeitszeitmodelle und Kinderbetreuung angeboten werden.

Der Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger betonte auf einer Pressekonferenz des Vereins Fidar (Frauen in die Aufsichtsräte) in Berlin, dass unter den 833 Vorstandsmitgliedern der 200 größten deutschen Firmen nur 21 Frauen seien. In den 30 Dax-Unternehmen gebe es lediglich einen weiblichen Vorstand. Die Situation sei "beschämend". Doch auch die Telekom habe es nicht geschafft, die "gläserne Decke" zu durchbrechen, fügte er hinzu. In Deutschland liege die Frauenquote in dem Konzern bei 12 Prozent, weltweit bei 24 Prozent. Doch ist sich Sattelberger sicher, dass die Entscheidung für eine Frauenquote über die Telekom hinaus Signalwirkung haben werde und "relativ bald" drei bis vier Unternehmen mitziehen würden.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) begrüßte die Initiative. Dort, wo die wichtigen Entscheidungen getroffen werden, blieben Männer immer noch unter sich, sagte Schröder. Dabei könnten Unternehmen es sich nicht mehr leisten, in Führungsetagen auf Frauen zu verzichten. Sie fügte hinzu, dass eine gesetzlich verordnete Quotenregelung für Frauen in Aufsichtsräten nur "Ultima Ratio" sein könnte. Die nötigen Veränderungen würden nur mit Unterstützung der Wirtschaft und nicht gegen sie erreicht.

Auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan begrüßte im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE das Vorhaben der Telekom als gutes Beispiel, dem andere sicher folgen werden: "Da wird jetzt ein Stein ins Wasser geworfen. Der Wettbewerb ist eröffnet." Schavan ist der Meinung, dass solche Vorgaben nötig sind: "Man muss Brücken bauen."

Fidar-Präsidentin Monika Schulz-Strelow erwartet von der Regierung klare Aussagen zu einer gesetzlichen Regelung. Laut Fidar sind 12 Prozent der Aufsichtsratspositionen der Dax-, Tec-Dax und M-Dax-Unternehmen von Frauen besetzt. Der Verein fordert eine Mindestquote von zunächst 25 Prozent auf Anteilseignerseite für Aufsichtsräte von Firmen mit mehr als 100 Mitarbeitern sowie Sanktionen bei Nichtbeachtung.

KOMMENTAR: Die Quote zielt in die richtige Richtung

Frauenquote - da verdrehen manche gleich die Augen, und nicht nur Männer. Muss einem Unternehmen gewissermaßen amtlich vorgeschrieben werden, wie es seine Führungspositionen besetzt? Ist es nicht im ureigensten Interesse jeder Firma, dass die Fähigsten führen? Leben wir noch in längst überwunden geglaubten Zeiten, da Männer Macht am liebsten unter Männern verteilen?

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Von den mehr als 500 Vorstandsposten der 100 größten deutschen Unternehmen sind nur sieben von Frauen besetzt; auch die Aufsichtsräte sind immer noch fast ausschließlich Herrenclubs.

Dass Frauen für Führungspositionen weniger geeignet wären, behauptet heute kein Mensch mehr - immerhin schon ein Fortschritt. Längst geht die Diskussion daher in die richtige Richtung. Es gilt, die Barrieren zu räumen, die Frauen den Zugang ins Management noch immer verbauen. Die Quote, die sich die Telekom jetzt als Selbstverpflichtung festschreibt, ist in ihrer Signalwirkung auf jeden Fall richtig.

Richtig ist auch, dass es mit einer Ziel-Zahl allein nicht getan ist. Weit wichtiger als die Quote ist es, Strukturen im Unternehmen zu schaffen, die auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf abzielen. Denn damit steht und fällt jede Gleichstellungspolitik.

Ohne solche Strukturen - Elternzeitmodelle, Teilzeit, Kinderbetreuung - könnte die Frauenquote nämlich tatsächlich zum gleichmacherischen und bürokratischen Unsinn pervertieren: dass bei der Besetzung nicht die Qualifikation entscheidet, sondern die Quote. Frauen gehören ins Management, wenn sie gut sind - nicht, weil sie Frauen sind. H.Schneider

südwest presse,16.03.2010

Letzte Änderung: 16.03.2010