Rauswurf mit Abfindung

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31.03.2010 Prozess um Kündigung nach Maultaschen-Diebstahl: Spitalstiftung zahlt 43 500 Euro

Wende im Maultaschenfall: Die wegen Diebstahls fristlos gekündigte Altenpflegerin erhält 42 500 Euro als Gehaltsnachzahlung und Abfindung.

KARL-HEINZ ZURBONSEN, APN

In erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Radolfzell blitzte die 58-jährige Altenpflegerin mit ihrer Kündigungsklage noch ab, gestern in der Berufung vor dem Landesarbeitgericht Freiburg einigten sich die Frau und ihr früherer Arbeitgeber auf eine ordentliche Kündigung zum 31. Dezember und eine Abfindung. Das hatte das Gericht vorgeschlagen. 25 000 Euro sind als Abfindung vorgesehen, rückwirkend kommen mehrere Monatslöhne hinzu. Dieser Anteil muss erst noch genau berechnet werden, beläuft sich aber maximal auf 17 500 Euro. Bis Ende April kann der Vergleich aber noch widerrufen werden, die Gremien der Spitalstiftung Konstanz, der Arbeitgeberin der Frau, müssen dem Vergleich auch noch zustimmen.

Die Altenpflegerin war im April letzten Jahres von der Spitalstiftung nach 17 Jahren Betriebszugehörigkeit entlassen worden, weil sie einige beim Essen der Heimbewohner übriggebliebene Maultaschen an sich genommen hatte. Das restliche Essen war zwar für den Müll bestimmt, trotzdem habe die Frau mit dem Einpacken der sechs Maultaschen einen Diebstahl begangen, urteilte das Arbeitsgericht in der ersten Instanz.

Beim Termin gestern in Freiburg sagte der Vorsitzende Richter, es sei "unstrittig", dass es sich bei der Tat um einen Diebstahl gehandelt habe. Dies alleine rechtfertige im konkreten Fall aber keine fristlose Kündigung, denn: "Dem Arbeitgeber ist durch das Fehlverhalten der betroffenen Altenpflegerin kein wirtschaftlicher Schaden entstanden." In erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Radolfzell hatte die 58-Jährige keinen Erfolg gehabt.

In der Berufung verlangte die Frau die Rücknahme der fristlosen Kündigung und Wiedereinstellung. Bis kurz vor Prozessbeginn verhandelten die streitenden Parteien über den Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs. Die Klägerin argumentierte, dass die sechs Maultaschen für ihren Arbeitgeber wertlos gewesen seien, weil sie ohnehin im Abfall gelandet wären. Außerdem lag nach Auffassung der Altenpflegerin kein Grund für eine fristlose Kündigung vor, weil sie Hunger gehabt habe und kurz nach Beendigung ihrer Schicht im Heim gleich anschließend noch eine dienstliche Fortbildung habe besuchen müssen.

Dagegen hatte der Arbeitgeber betont, dass es sich um einen Diebstahl gehandelt und sich die Klägerin die Kosten für ein Personalessen erspart habe. Der Wert der gestohlenen Sache spiele dabei überhaupt keine Rolle.

südwest presse,31.03.2010

Letzte Änderung: 31.03.2010