Heftige Debatte um Mindestlöhne

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03.04.2010 Experten mahnen zur Zurückhaltung

Führende Wirtschaftsinstitute in Deutschland warnen vor gesetzlichen Mindestlöhnen. Sie befürchten negative Folgen für die Beschäftigung.

Berlin . Die Debatte über gesetzliche Mindestlöhne wird heftiger. Der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Wolfgang Franz, riet den Gewerkschaften gestern zum Verzicht auf ihre Forderung. Er warnte, gesetzliche Mindestlöhne kosteten "mehrere hunderttausend Arbeitsplätze gerade im Bereich gering qualifizierter Arbeit".

DGB-Chef Michael Sommer wies diese Argumentation als "Unsinn" zurück. Er sagte: "Gesetzliche Mindestlöhne schaffen bei den Beschäftigten höhere Kaufkraft, größere soziale Sicherheit und mehr Unabhängigkeit von staatlichen Sozialleistungen." All das spreche dafür, sie einzuführen. "Es kann kein Argument sein, dass man sagt: Wir können nur Hungerlöhne bezahlen, um Arbeit zu schaffen."

Franz warnte, mit gesetzlichen Mindestlöhnen in Höhe von 8,50 EUR scheitere die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter. Das lehrten Erfahrungen anderer Länder wie etwa Frankreich. Der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim fügte hinzu, die Devise müsse deshalb lauten: "Hände weg von einem gesetzlichen Mindestlohn."

Der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, Christoph M. Schmidt, sagte: "Deutschland hat sicherlich keine Zukunft als Billiglohn-Standort." Man brauche aber auch "ein Niedriglohnsegment für jene Arbeitsnehmer, die aufgrund ihrer - aus welchen Gründen auch immer - geringen Qualifikation keine gut bezahlte Arbeit finden".

Er fügte hinzu: "Mindestlöhne drohen, wenn sie zu hoch angesetzt sind, diese Menschen auf Dauer aus dem Arbeitsmarkt zu drängen." Besser seien hier Lösungen, bei denen man in einer Kombination aus dem zu erzielenden Markteinkommen und staatlicher Hilfe ein Auskommen sichere. Wichtig sei, "dass in einem solchen System Anreize bestehen bleiben, sich zu qualifizieren um mehr am Markt zu verdienen".

Der RWI-Präsident betonte, bei den Tarifabschlüssen der vergangenen Jahre habe es viele Flexibilisierungselemente gegeben. Dies habe zahlreichen Unternehmen in schlechten Zeiten das Überleben ermöglicht und die Arbeitsplätze sicherer gemacht. "Von diesem Weg sollte man nicht abweichen." ddp

südwest presse,03.04.2010

Letzte Änderung: 03.04.2010