Arbeiten, wenn andere schlafen

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17.04.2010 Wenn die meisten Menschen zu Bett gehen, treten Nachtarbeiter erst ihren Dienst an.

Für den Körper bedeutet der umgekehrte Schlaf- und Wachrhythmus eine ständige Belastung und ein gesundheitliches Risiko. Schlafforscher Prof. Dr. Jürgen Zulley verrät Tipps, wie Sie tagsüber erholsamer schlafen und in der Nacht besser durchhalten können.

Schlafforscher Jürgen Zulley

Schichtarbeiter leben ständig gegen ihre innere Uhr. Sie sind gezwungen, tagsüber, wenn der Körper eigentlich aktiv ist, zu schlafen und sich nachts, in der eigentlichen Ruhephase, wach zu halten. Auf Dauer kann das krank machen, weiß Schlafforscher Professor Zulley von der Uni-Klinik Regensburg. "Bis zu 80 Prozent der Schichtarbeiter leiden unter Magen-Darm-Beschwerden, innerer Unruhe, Nervosität und vorzeitiger Ermüdung. Auch das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen ist dreimal so hoch wie bei Menschen, die tagsüber arbeiten", sagt Zulley.

Da man am Tag nie so tief und erholsam schlafen kann wie in der Nacht, haben laut Zulley fast alle der Nachtschichtler mit erheblichen Schlafstörungen zu kämpfen. Selbst bei einem Großteil der ehemaligen Schichtarbeiter, die längst wieder im normalen Rhythmus arbeiten, sei das noch häufig der Fall.

Tipps für erholsamen Tagschlaf:

- Sorgen Sie für ausreichend Dunkelheit und Ruhe in Ihrem Schlafzimmer, damit Sie von Alltagsgeräuschen nicht gestört werden.
- Entspannung ist der Königsweg in den Schlaf. Wer Probleme beim Einschlafen hat, kann versuchen, mit leiser ruhiger Musik abzuschalten oder Entspannungstechniken erlernen.
- Schlafen Sie nach einer Nachtschicht am besten in zwei Portionen. Einmal morgens direkt nach der Arbeit ungefähr vier Stunden und am Nachmittag noch einmal zwei bis drei Stunden. Das ist oft effektiver, als zu versuchen, lang durchzuschlafen.
- Vermeiden Sie schweres und üppiges Essen vor dem Schlafengehen. Aber Vorsicht, auch ein leerer Magen kann den Schlaf beeinträchtigen.
- Trinken Sie ungefähr vier Stunden vor dem Schlafengehen keine koffeinhaltigen Getränke mehr. Nachtarbeiter versuchen häufig gerade in den Morgenstunden, sich mit Kaffee wachzuhalten und können dann zu Hause nicht einschlafen.

Der Schlaf am Tag ist weniger erholsam.

"In der Regel kommen jüngere Leute und Menschen, die eher abends aktiv sind, besser mit wechselnden Arbeitszeiten zu Recht als gewohnheitsmäßige Frühaufsteher. Der Körper kann sich aber nie an den neuen Schlaf- und Wachrythmus gewöhnen", sagt Zulley. Doch es gibt Tricks, die Ihnen helfen, die Arbeitsnacht besser durchzuhalten.

So kommen Sie besser durch die Nacht:

- Grundsätzlich sollte der Nacht-Arbeitsplatz möglichst hell ausgeleuchtet sein. Licht wirkt sich positiv auf die nächtliche Leistungsfähigkeit aus.
- Halten Sie sich möglichst nicht alleine in einem Raum auf.

- Versuchen Sie, immer beschäftigt und aktiv zu sein, denn am schwersten ist das Durchhalten, wenn nichts zu tun ist.
- Halten Sie immer ausreichend Getränke und gesunde Snacks griffbereit. Denn auch Durst und Hunger können die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
- Von wachhaltenden Medikamenten oder Schlafmitteln ist auf Grund der zahlreichen Nebenwirkungen abzuraten.

Schichtarbeiter sind im Straßenverkehr besonders gefährdet. Die meisten schweren Verkehrsunfälle passieren durch Einschlafen am Steuer oder durch Übermüdung. Gründen Sie Fahrgemeinschaften und bitten Sie Ihre Mitfahrer, wach zu bleiben.

Schonendere Schichtpläne

Im Arbeitszeitgesetz (§ 6 ArbZG) sind bestimmte Schutzvorschriften für Schicht- und Nachtarbeiter wie die Höchstarbeitszeit, die einzuhaltenden Ruhezeiten und der Anspruch auf arbeitsmedizinische Untersuchungen festgelegt. Genauere Angaben finden Sie hier im ausführlichen Gesetzestext.

"Aus medizinischer Sicht ist die Nachtarbeit nur für maximal fünf bis sechs Jahre akzeptabel", erklärt Zulley. "Studien zeigen, dass die Erkrankungsrate von Schichtarbeitern nach dieser Zeit im Vergleich zu Tagarbeitern dramatisch ansteigt."

Um das Gesundheitsrisiko für die Nacht- und Schichtarbeiter einzudämmen, sollten Schichtpläne möglichst schonend gestaltet werden.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gibt dazu folgende Empfehlungen:

Schlaf- Ruhepausen- Freizeit- Schichtfolge
Schlafdefizite vermeiden: Um den Schlafmangel ausgleichen zu können, sollten maximal drei Nachtschichten aufeinander folgen.

Längere Ruhepausen einplanen: Nach einer Nachtschicht-Phase ist eine Ruhepause von mindestens 24 Stunden erforderlich.

Freie Wochenenden: Ein komplett freies Wochenende ist erholsamer als einzelne freie Tage und ermöglicht Schichtarbeitern, an sozialen Aktivitäten teilzunehmen.

Vorwärts rotierende und überschaubare Schichten: Ein Wechsel von der Früh-, in die Spät- in die Nachtschicht ist besser zu bewältigen als ein Wechsel von der Nacht- zur Spätschicht. Schichtpläne sollten zudem vorhersagbar und überschaubar sein. Das macht die Freizeit planbarer.

Autorin: Simone Rapp

Letzte Änderung: 17.04.2010