Keine Scheidung per Postkarte
Aus der "Einfach-Scheidung" wird nichts: Der Bundestag will nicht mitmachen, dass in einfachen Fällen das Verfahren ohne Rechtsanwälte und Richter laufen kann.
Die Scheidung per SMS ist erlaubt - allerdings nur für Männer und nur nach dem islamischen Recht. Zu dieser Erkenntnis kam jüngst der Obermufti des Emirats Dubai.
Ganz so einfach wollte es Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) scheidungswilligen Paaren nicht machen, von der Gleichberechtigung ganz zu schweigen. Doch mit ihrem Plan für die "Einfache Scheidung" ist sie gescheitert.
Wenn ein Paar keine Kinder hat und sich über den Unterhalt sowie das Vermögen einig ist, sollte die Trennung ganz ohne Rechtsanwälte und Richter möglich sein. Ein Notar sollte einfach beurkunden, dass sie die Ehe
beenden wollen.
Doch dagegen liefen die Rechtsanwälte Sturm. Kein Wunder: Ihnen drohte der Verlust von mehreren hundert Millionen Euro Honorar im Jahr.
Denn nur in der Hälfte der gut 200 000 Ehen, die 2005 geschieden wurden, gab es minderjährige Kinder. Zudem erfolgen zwei Drittel der Ehescheidungen einvernehmlich.
So hoch sei der Anteil nur, weil die Anwälte erst für das Einvernehmen sorgen, begründete der Deutsche Anwaltsverein den Einspruch. Zudem werde ohne Rechtsbeistand leicht der schwächere Partner übervorteilt.
Diesen Argumenten schlossen sich auch die Rechtspolitiker von Union und SPD an. Außerdem wollten die Familienpolitiker der Union nicht mitmachen: Ihnen erschien das wie eine Scheidung per Postkarte, unangemessen für die
grundgesetzlich geschützte Institution Ehe.
Zypries sah keine Chancen, ihre Idee durchzusetzen. Allerdings hofft sie noch auf die Länder: Ihnen brächte ein Verzicht auf die gerichtlichen Verfahren erhebliche Einsparungen bei den Prozesskosten.
Dennoch kommt eine grundlegende Reform der familienrechtlichen Verfahren: 832 Seiten umfasst der Entwurf des Gesetzes, das Mitte 2009 in Kraft treten
soll - eine Jahrhundertreform. Familienstreitigkeiten sollen vor den Gerichten schneller entschieden werden.
Dringende Kindschaftssachen, besonders Streitigkeiten über das Umgangsrecht, sollen beschleunigt bearbeitet werden. Maximal einen Monat nach Antragseingang soll der Fall vor Gericht erörtert werden. Mit Vorrang für
einvernehmliche Lösungen.
Südwestpresse, 11.05.07
Letzte Änderung: 21.11.2007