Mißstände bei Leiharbeitern

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18.09.2008 IG Metall fordert Mindesttarif in der Zeitarbeit

Die IG Metall prangert Missstände in der Leiharbeit an. Weil viele Beschäftigte nur einen Armutslohn bekommen, fordert sie Mindestlöhne.
Nach Ansicht der IG Metall sind die Missstände in der Leiharbeit nach wie vor groß. "Jeder achte Leiharbeiter bezieht lediglich einen Armutslohn ", sagte IG Metall-Vize Detlev Wetzel in Frankfurt. Fast 13 Prozent aller Betroffenen müssten ihr Einkommen mit Arbeitslosengeld II aufstocken.

"Der Grundsatz Gleicher Lohn für gleiche Arbeit wird bei der Leiharbeit massiv verletzt. Das ist ein Skandal. " Um Dumpinglöhne zu unterbinden, fordert die Gewerkschaft allgemein gültige Mindestlöhne für Leiharbeiter. Zu diesem Zweck soll die Leiharbeit in das Entsendegesetz aufgenommen werden.

Nach Angaben von Wetzel verdienen Leiharbeiter im Schnitt bei gleicher Arbeit immer noch 30 bis 40 Prozent weniger als fest angestellte Kollegen - trotz des für Leiharbeiter vom DGB mit den Zeitarbeitsverbänden ausgehandelten Tarifvertrags. Die dort vereinbarten Gehälter lägen weit unter dem Niveau, das die IG Metall anstrebe. Der Grund: Man habe sich an den Dumpinglöhnen orientieren müssen, die die Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit mit dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) abgeschlossen habe.

Bei der Vorstellung des Schwarz-Weiß-Buches Leiharbeit verwies Wetzel unter anderem auf den Fall eines Leiharbeiters, der nach 120 Stunden Arbeit bei diversen Firmen gerade mal 575 EUR Lohn erhalten hatte und entlassen wurde, weil er die schlechten Arbeitsbedingungen nicht mehr akzeptieren wollte.

Die IG Metall bemüht zugleich im Rahmen ihrer Kampagne "Gleiche Arbeit - Gleiches Geld " um so genannte "Besser-Vereinbarungen " für Leiharbeit in den Unternehmen. Damit soll unter anderem für diese Beschäftigten die gleiche Bezahlung wie für Stammarbeitnehmer erreicht werden. Bislang habe man 380 solcher Vereinbarungen schließen können, sagte Wetzel. Unter anderem mit Daimler-Benz, Siemens, VW, BMW, Opel, Hella, Linde, MAN Roland, aber auch mit etlichen mittelständischen Unternehmen. Weitere 100 Besser-Vereinbarungen seien in Vorbereitung.

Zudem bietet die Gewerkschaft den Verleihfirmen ein Fairness-Abkommen an, in dem diese sich verpflichten, den Tarifvertrag des DGB einzuhalten. In Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Thüringen würden 60 Prozent der Unternehmen mitmachen, womit es für 80 Prozent der dort beschäftigen Leiharbeiter faire Bedingungen geben würde.

Bei den anstehenden Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie will die Gewerkschaft Leiharbeiter in mögliche Streiks einbeziehen. Sie hätten zwar kein Streikrecht, dürften aber nicht alleine arbeiten und könnten deshalb die fest angestellten Kollegen unterstützen. Anfang 2009 steht dann die Tarifrunde mit den Leiharbeitsverbänden IGZ und Bundesverband Zeitarbeit (BZA) an. Dort wurde die Kritik der IG Metall scharf zurückgewiesen. Sie sei reine Polemik und ignoriere die erreichten Fortschritte. BZA-Hauptgeschäftsführer Ludger Hinsen forderte die Gewerkschaft auf, die "Hasskampagne " gegen Zeitarbeit einzustellen.

Text: ROLF OBERTREIS
SÜDWEST PRESSE,18.09.2008

Letzte Änderung: 18.09.2008