Pünktlichkeit ist Pflicht

08.10.2007 Arbeitnehmer trägt auch bei Bahnstreik das Wegerisiko

Arbeitnehmer müssen pünktlich an ihrem Arbeitsplatz erscheinen. Für das Bundesarbeitsgericht ist dies eine Bringschuld, auf der der Arbeitgeber bestehen kann. Das gilt auch für den Fall eines Streiks der Bahn. Nicht ganz so eng sind die Spielräume bei einem Arztbesuch.
Wer zu spät zur Arbeit kommt, hat im Zweifelsfall schlechte Karten. Die Arbeitsleistung ist für Juristen eine "Bringschuld". Das heißt, der Arbeitnehmer muss sie an seinem Arbeitsplatz erbringen. Diesen pünktlich zu erreichen, ist eine der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Wenn etwas dazwischen kommt, ist das Sache des Arbeitsnehmers - er trägt laut Bundesarbeitsgericht das so genannte "Wegerisiko".
"Absehbare Verkehrsbehinderungen etwa wegen Streiks bei Bussen und Bahnen, Demonstrationen oder Unwetter muss der Arbeitnehmer daher bei seinen Fahrzeiten einplanen", sagt Professor Hildegard Gahlen, Essener Fachanwältin für Arbeitsrecht.
"Ein angekündigter Bahn-Streik ist so ein Fall, bei dem erwartet werden kann, dass der Arbeitnehmer früher aufsteht oder sich andere Anreisemöglichkeiten sucht."
Kommt ein Mitarbeiter dennoch zu spät, kann der Arbeitgeber grundsätzlich den Lohn für die verspätete Zeit kürzen. (Bundesarbeitsgericht 4 AZR 134/80 und 5 AZR 283/80). Selbst wenn der Arbeitnehmer im Prinzip eine gute Entschuldigung hat, etwa eine überraschende Flut mit großem Chaos auf den Straßen. Der Arbeitgeber soll nicht mit etwas belastet werden, was er nicht beeinflussen kann.
Das gilt allerdings nur dann, wenn die Arbeit nicht nachgeholt werden kann, etwa bei festen Zeiten zum Beispiel im Verkauf. Ansonsten, etwa bei Jobs mit Gleitarbeitszeit, kann der Arbeitnehmer mit ein paar extra Stunden seinen Lohnanspruch in voller Höhe retten.
Der Arbeitnehmer kann sogar gezwungen werden, nachzuarbeiten und "sofern dies möglich ist, alternativ zur Lohnkürzung auf Erbringung der vollen Arbeitsleistung bestehen", sagt Professor Gahlen.
Außerdem kann ein zu spät gekommener Arbeitnehmer wegen Verstoßes gegen die Pflichten des Arbeitsvertrags abgemahnt werden - was im Wiederholungsfalle sogar zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen kann. Der Arbeitgeber muss darauf nicht nachweisen, dass der Betriebsablauf gestört wurde. Es reichen die Verspätungen. (Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 147/00).
Anders werden Verspätungen aus persönlichen Gründen beurteil, sofern den Arbeitnehmer daran kein Verschulden trifft. Dazu könnte ein Autounfall auf dem Weg zu Arbeit zählen oder eine Krankheit, wegen der noch vor Arbeitsbeginn ein Arzt aufgesucht werden musste.
"Bei vorübergehender, unverschuldeter Verhinderung aus persönlichen Gründen darf der Arbeitgeber weder den Lohn kürzen, noch Abmahnung oder Kündigung aussprechen", sagt Gahlen.
Einige Konflikte rund um Verspätung ließen sich nach Meinung der Expertin vermeiden, wenn die Arbeitnehmer einfach schnellstens den Arbeitgeber informieren würde: "Wer auf einem Bahnhof festsitzt, sollte sein Handy nehmen und Bescheid sagen. Oft ist damit das Thema schon geklärt."
Südwestpresse, 05.10.07

Letzte Änderung: 21.11.2007