Verbilligtes Essen für arme Kinder

15.11.2007 Zwei Euro pro Tag sind für manche Kinder zu viel

Grünen-Fraktion und SPD fordern Landeszuschüsse, damit bedürftige Kinder an ihrer Schule ein billiges Mittagessen bekommen. Andere Bundesländer zahlen bereits.
Es gibt viele Kinder, die sich das Essen in der Schule nicht mehr leisten können, warnt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung - selbst dann, wenn die Mittagsmahlzeit an der Ganztagesschule nur zwei bis 3,50 Euro kostet. Das gilt auch für den wohlhabenden Südwesten: 150 000 Kinder leben hierzulande von Sozialhilfe, das sind gut fünf Prozent und damit im Bundesvergleich relativ wenig.
Aber der Zuwachs lag binnen Jahresfrist bei mehr als zwölf Prozent, rechnet Brigitte Lösch vor, die Grüne -Sozialpolitikerin im Landtag. Die Zeichen der Armut sind oft versteckt: Mal gehen die Kinder nicht mit zum Klassenausflug, mal lehnen sie Einladungen zu Geburtstagsfeiern ab, weil sie kein Geschenk bezahlen können. Und immer mehr, ergänzt Renate Rastätter, die schulpolitische Grünen -Sprecherin, nehmen an der Schulspeisung aus finanziellen Gründen nicht mehr teil.
Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz haben bereits reagiert. Die Düsseldorfer Landesregierung legte einen Sonderfonds mit 13,5 Millionen Euro auf, der die Schulessen armer Kinder subventioniert.
In Karlruhe hat der Gemeinderat eine entsprechende Initiative debattiert, die Stadt Freiburg will vom kommenden Jahr an Essenskosten so bezuschussen, dass der Eigenanteil für Kinder von Sozialhilfeempfängern nur noch einen Euro beträgt. Damit die Klassenkameraden nicht merken, wer den vollen Preis bezahlt und wer die Zuschüsse kassiert, wird das Essen über eine diskriminierungsfreie Chip-Karte abgerechnet,
Zur Finanzierung sei das Land bei den Kommunen in der Pflicht, sagte Ministerpräsident Günther Oettinger vor drei Wochen. "Es ist nicht angedacht, die Zuständigkeiten neu festzulegen", meinte allerdings gestern Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin im unionsgeführten Sozialministerium, bei einem Kongress zur Schulverpflegung in Karlsruhe.
Die Opposition indes fordert die Landesregierung zum Handeln auf. Über den Bundesrat müssten die Soziahilfeleistungen für Kinder erhöht werden, verlangen die Grünen. Hartz IV sieht für Kinder bis 14 einen Regelsatz vor - 2,50 Euro pro Tag, was fürs ordentliche Essen nie und nimmer reicht. Aber: "Hungrige Kinder können nicht auf eine Bundesratsinitiative warten", erklärt Rastätter.
Sie kündigt für die Beratungen zum Nachtragshaushalt Änderungswünsche an. Einerseits soll ein Soforthilfefonds in Höhe von sechs Millionen Euro für die Schulspeisung aufgelegt werden, andererseits müssten Zuschüsse an die Gemeinden, die Schulträger, erhöht werden.
Sie will, dass dann nach Abzug von einem Euro Elternanteil pro Mahlzeit die restlichen Kosten zu einem Drittel vom Land getragen wurden.
Die SPD - Fraktions- und Parteivorsitzende Ute Vogt äußert sich ähnlich. Auch sie plant, im Landtag ein Konzept vorzulegen, dass nach dem Beispiel anderer Bundesländer den Eigenanteil auf einen Euro in Ganztagschulen und Kindertagesstätten reduziert. Schließlich stehe das Land in der Verantwortung, denn "zum erfolgreichen Lernen gehört eine ausreichende, gesunde Ernährung".
Südwestpresse, 15.11,07

Letzte Änderung: 21.11.2007