Steuer-Klimmzüge für Ehefrauen

Vorschaubild

04.06.2008 Durch ein neues Verfahren soll weniger Lohnsteuer abgezogen werden

Ehefrauen bekommen nach der Rückkehr in den Beruf oft besonders viele Steuern abgezogen - netto bleibt nur wenig übrig. Das soll ein neues Verfahren ab 2010 ändern. Unterm Strich sparen Paare aber nichts.
Mit dem "Faktorverfahren " will Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine alte Klage von Frauen beseitigen, die bei der Lohnsteuer zu schlecht wegkommen. Stein des Anstoßes ist die Steuerklasse V. In sie werden Ehefrauen (und Ehemänner) eingestuft, wenn sie deutlich weniger verdienen als ihr Partner. Die Folge: Schon bei einem geringen Einkommen wird verhältnismäßig viel Steuer abgezogen - die Arbeit lohnt sich kaum.

Der Grund liegt in der Steuerklasse III, in die der Ehemann eingruppiert wird: Bei ihr sind nicht nur die Freibeträge des Ehemanns berücksichtigt, sondern die Steuerprogression; die Ehefrau hat gleich einen hohen Steuersatz.

Wie sich Steinbrück nach langen Diskussionen einen Ausweg vorstellt, steht im Jahressteuergesetz 2009. Es sollte eigentlich heute vom Bundeskabinett auf den parlamentarischen Weg gebracht werden. Da es aber bei anderen Punkten dieses Sammelgesetzes Einsprüche anderer Ministerien gab, die noch nicht ausgeräumt sind, wurde die Verabschiedung vertagt.

Das dürfte am "optionale Faktorverfahren " nichts ändern. Dafür sollen sich Ehepaare ab 2010 freiwillig entscheiden können. Beide werden in die Steuerklasse IV eingestuft. Sie ist im Prinzip nur für Fälle vorgesehen, in denen beide etwa gleich viel verdienen. Bei Paaren mit erheblichen Unterschieden hätte das zur Folge, dass der Mann viel zu viel abgezogen bekommt. Dies wird dadurch vermieden, dass das Finanzamt im Vorhinein einen Faktor einträgt, der den Lohnsteuerabzug bei beiden verringert. Die Wirkung zeigt ein Beispiel des Bundesfinanzministeriums: Der Ehemann hat 30 000 EUR Jahreseinkommen, seine Frau 10 000 EUR. Sind beide in Lohnsteuerklasse IV, bekommt er derzeit rund 4800 EUR abgezogen, sie dagegen gar nichts. Nach dem Splittingverfahren, das für Eheleute gilt, müssten sie aber zusammen nur 4000 EUR zahlen. Beim Faktorverfahren wird dieser Betrag durch den tatsächlichen Abzug von 4 800 EUR geteilt. Es ergibt sich der Faktor 0,833, den das Finanzamt bei beiden auf der Lohnsteuerkarte einträgt. Mit dieser Zahl wird die eigentlich zu zahlende Lohnsteuer bei beiden multipliziert. Beim Mann ergeben sich so 3998,40 EUR, bei der Frau weiter 0 EUR. Im Ergebnis kommt ziemlich genau die Gesamtsteuer heraus, die sich nach dem Ehegattensplitting ergibt. Dies ist aber nicht endgültig - das Paar muss in jedem Fall eine Einkommensteuererklärung abgeben.

Im Endeffekt zahlt es also nicht weniger Steuer. Aus Gründen der Steuergerechtigkeit geht das auch schwerlich. Nur die Abzüge werden übers Jahr anders verteilt: Die Frau bekommt netto mehr heraus, ihr Mann weniger. Das Ganze ist also letztlich eine psychologische Geschichte: Die Hemmschwelle etwa für die Rückkehr in den Beruf nach der Babypause könnte sinken.

Ob dies klappt, hält die Bundessteuerberaterkammer für fraglich. Einen Beitrag zur Steuervereinfachung stelle dieses zusätzliche Verfahren "eher nicht dar ", schrieb sie in ihrer Stellungnahme. Zudem könnte es Probleme geben, wenn sich die Einkommensverhältnisse im Lauf des Jahres gravierend ändern, der Faktor auf der Lohnsteuerkarte also deutlich falsch ist.

Mit ähnlichen Überlegungen war Bundesfinanzminister Steinbrück im vergangenen Jahr gescheitert: In einem "optionalen Anteilsverfahren " sollten die Partner von vornherein angeben, wie viel sie etwa zum Familieneinkommen beitragen dürften. Doch es gab Probleme mit dem Datenschutz: Dann hätte der Arbeitgeber erfahren, was der Partner verdient.

Text: DIETER KELLER
SÜDWEST PRESSE,04.06.2008

Letzte Änderung: 04.06.2008