Arbeit für wenig Geld

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20.08.2009 Befristete oder häufig schlecht bezahlte Arbeit - so sieht für viele Beschäftigte die Arbeitswelt aus. Auch in Baden-Württemberg.

DGB beklagt zunehmenden Sittenverfall im Erwerbsleben

Wiesbaden/Stuttgart Immer mehr Beschäftigte in Baden-Württemberg haben kein reguläres Arbeitsverhältnis mehr: Sie sind entweder nur befristet angestellt, nicht voll sozialversicherungspflichtig, haben Teilzeitarbeitsplätze mit einer Wochenstundenzahl unter 50 Prozent oder werden zu Niedriglöhnen bezahlt. Als "atypisch" bezeichnet das Statistische Bundesamt diese Form der Beschäftigung. Sie liegt im Trend - auch im Südwesten.

"Die Probleme des Bundes spiegeln sich auf Landesebene wider", sagt Frank Zach, stellvertretender Pressesprecher des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im Land. Rund ein Viertel der 4,3 Millionen abhängig Beschäftigten hierzulande muss sich nach der gestern veröffentlichten Studie des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg mit einem "atypischen" Beschäftigungsverhältnis begnügen, das sind nahezu fünf Prozentpunkte mehr als noch vor zehn Jahren. Vor allem die Ausweitung der befristeten Verträge und die steigende Zahl geringfügig Beschäftigter nährt diesen Trend.

Was vom Gesetzgeber ursprünglich als Ausnahme gedacht war - die Befristung von Arbeitsverhältnissen oder der Rückgriff auf Leiharbeiter bei Auftragsspitzen - ist heute nach Beobachtungen des DGB fast schon der Regelfall. Auch Stundenlöhne, von denen man nicht mehr leben kann, sind kein Einzelfall mehr. "Auf dem Arbeitsmarkt beobachten wir einen gewissen Sittenverfall", sagt Zach. Vor allem im Einzelhandel und in der Gastronomie stoße man immer häufiger auf prekäre Arbeitsverhältnisse. Das trifft vor allem Frauen. 78 Prozent aller atypischen Arbeitsverhältnisse haben sie inne.

Nach der letzten Verdienststrukturerhebung von 2006 erhielt jede zweite von ihnen einen Stundenlohn, der unter der Niedriglohngrenze liegt - damals bei 9,85 Euro. Die Folgen sind klar: Nur 70 Prozent von ihnen können überwiegend von ihrer Erwerbstätigkeit leben. Der Rest ist auf Unterhalt aus der Familie oder staatliche Hilfe angewiesen. Zum Vergleich: Normal Beschäftigte finanzieren sich zu 99 Prozent über ihre Berufstätigkeit.

Zeitarbeit werde nicht dazu genutzt, Arbeits- und Tarifbedingungen zu unterlaufen, erklärte hingegen der Arbeitgeberverband Gesamtmetall.

20.08.2009,südwestpresse

Letzte Änderung: 20.08.2009