Gelebte Mitbestimmung im Betrieb stärkt die Demokratie

*Am 1. März starten die Betriebsratswahlen. Die IG Metall Reutlingen-Tübingen ruft rund 33.000 Beschäftigte zur Wahl auf.

*Tanja Silvana Nitschke, Erste Bevollmächtigte: "Die Arbeit von Betriebsräten ist heute wichtiger denn je."

*Nach 32 Jahren wird es bei der Robert Bosch GmbH in Reutlingen wieder eine Persönlichkeitswahl geben.

Die örtliche IG Metall ruft alle Beschäftigten auf, sich an den anstehenden Betriebsratswahlen zu beteiligen und so für eine starke Interessenvertretung in ihren Betrieben zu sorgen. "Wir müssen die Folgen der Coronakrise bewältigen und gleichzeitig den klimagerechten Umbau unserer Industrie gestalten. Das geht nur mit starken Betriebsräten," sagte Tanja Silvana Nitschke, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Reutlingen-Tübingen. "Die Arbeit von Betriebsräten ist heute wichtiger denn je: Sie müssen dafür sorgen, dass der notwendige Wandel in den Betrieben nicht verschlafen wird - und dass es dabei gerecht zugeht. Eine unverzichtbare Aufgabe gerade in unserer Zeit des Umbruchs."

Gewählte Betriebsräte haben gesetzlich gesicherte Rechte gegenüber ihrem Arbeitgeber und können konkret mitbestimmen. Darum gibt es mit Betriebsräten bessere Arbeitsbedingungen, sicherere Arbeitsplätze und in der Regel auch mehr Geld: Betriebe mit Betriebsrat zahlen im Durchschnitt rund zehn Prozent höhere Entgelte, wie mehrere Untersuchungen deutlich machen.

Darüber hinaus spielt die Mitbestimmung im Betrieb, aber auch gesamtgesellschaftlich, eine wichtige Rolle. Wissenschaftliche Studien zeigen: Wer im Betrieb gute Erfahrungen mit Beteiligung macht, hat eine positivere Einstellung zur Demokratie insgesamt. "Die betriebliche Mitbestimmung ist eine entscheidende Antwort auf die Verunsicherung, die in unserer Gesellschaft um sich greift," so Nitschke.

Ein eindrückliches Beispiel dafür, was Betriebsräte gemeinsam mit der IG Metall und einer entschlossenen Belegschaft leisten können, liefere der Fall der Firma MAG IAS in Rottenburg, wo die Standortschließung erfolgreich verhindert werden konnte.

Betriebsratswahlen finden in der Regel alle vier Jahre im Zeitraum 1. März bis 31. Mai statt. Ab fünf Beschäftigten kann ein Betriebsrat gewählt werden. Wahlberechtigt sind alle Beschäftigten ohne Leitungsfunktion, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Beschäftigte, die seit mindestens sechs Monaten im Unternehmen arbeiten, dürfen kandidieren.

Wie diesen Montag bekannt wurde, findet nach 32 Jahren bei der Robert Bosch GmbH Reutlingen erstmals wieder eine Persönlichkeitswahl statt. Die letzten Wahlen fanden alle nach als Verhältniswahl, der sogenannten Listenwahl statt. Das bedeutet, alle Beschäftigten konnten zwischen festgelegten Listen mit nur einer Stimme wählen. Die IG Metall-Liste erzielte dabei immer die meisten Stimmen. Trotzdem warben die gewerkschaftlich organisierten Betriebsräte und Vertrauensleute aktiv für die Durchführung der Personenwahl, was für die Betriebsratswahl 2022 gelungen ist.

"Nun erfolgt eine Persönlichkeitswahl, bei der die Beschäftigten aus allen Kandidat*innen ihre persönlichen, bis zu 35 Favoriten wählen können, die dann ihre Interessen vertreten sollen", so Tanja S. Nitschke. Der Leiter der IG Metall-Vertrauensleute bei Bosch, Thorsten Dietter, ist froh, dass die Belegschaft nun ihren Betriebsrat aus den fast hundert Kandidat*innen zusammenstellen können. Dietter weiter: "Alle die zur Wahl gehen können nun im Zeitraum vom 21. März bis 31. März 2022 bis zu 35 Kreuze auf dem Wahlzettel machen. Der Betriebsratsvorsitzende der Robert Bosch GmbH Daniel Müller fügt hinzu: "Nun gilt es die Beschäftigten zu mobilisieren, damit sie an der Betriebsratswahl teilnehmen. Denn je mehr Beschäftigte zur Wahl gehen, umso stärker ist der Betriebsrat. Wir brauchen einen starken Betriebsrat, um die kommenden Herausforderungen der Transformation meistern zu können."

Im Organisationsbereich der IG Metall gibt es derzeit bundesweit mehr als 10.500 Betriebsratsgremien mit rund 77.470 Betriebsratsmitgliedern. Die IG Metall Reutlingen-Tübingen betreut rund 395 Betriebsratsmitglieder in 107 Unternehmen der Region mit zusammen rund 33.000 Beschäftigten.