Die Chefsessel gehören Männern
Köln - Eine Frau kann es in Deutschland zur Bundeskanzlerin bringen, an der Spitze eines Konzerns jedoch sucht man weibliche Top-Managerinnen bislang meist vergeblich. "Die Chefsessel in deutschen Großunternehmen gehören
in aller Regel Männern", sagt Alexander Görbing, Sprecher des Wirtschaftsinformationsdienstleisters Hoppenstedt. Nach einer aktuellen Studie des Unternehmens holen Frauen lediglich in kleinen und mittleren Unternehmen langsam
auf. "Und dann haben sie in aller Regel das Unternehmen selbst gegründet oder geerbt", sagt Görbing. "Nur 300 von 10 000 Vorständen in Deutschland sind Frauen."
Dennoch hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschlands Führungsetagen für Frauen zumindest die ein oder andere Tür geöffnet: Der Studie zufolge besetzen Frauen in Deutschland mittlerweile gut 15 Prozent der
Positionen im Management - gut doppelt so viele wie vor zwölf Jahren. Dabei endet die Karriere für die meisten Frauen allerdings auf der zweiten Führungsebene - als Stellvertreterin beispielsweise. Im Top-Management -
Vorstand, Geschäftsführer, Inhaber - ist der Frauenanteil deutlich geringer. Bei Großunternehmen liegt der Anteil von Frauen im Top-Management den Angaben zufolge lediglich bei 7,5 Prozent.
Eine dieser Top-Managerinnen ist beispielsweise die Citibank-Deutschland-Chefin Sue Harnett. Zu den wenigen weiblichen Vorständen in börsennotierten Unternehmen gehört auch Gabriele Traude-Stopka, die beim Hagener
Parfümerie- und Schmuckkonzern Douglas den Posten des Finanzvorstands bekleidet, sowie Axa-Deutschland-Vorstand Anette Rosenzweig. Im Mittelstand erreicht der Frauen-Anteil im Top-Management immerhin gut neun Prozent, bei
Kleinunternehmen zwölf Prozent.
Je kleiner das Unternehmen, desto größer sind offenbar die Karrierechancen für Frauen: Berücksichtigt man auch die zweite Führungsebene, so gibt es nach der Studie in kleinen Unternehmen mit gut 17 Prozent den
höchsten Frauenanteil, während in Großunternehmen weniger als zwölf Prozent aller Managementpositionen mit Frauen besetzt sind. "In Kleinunternehmen sind sogar mehr als ein Drittel der Manager in der zweiten
Führungsebene weiblich", heißt es in der Studie. Gerade bei mittelständischen und kleinen Unternehmen habe es zuletzt die stärksten Zuwächse gegeben.
Deutliche Unterschiede gibt es in den einzelnen Branchen: Relativ gut vertreten sind Managerinnen im Einzelhandel (21 Prozent Gesamtanteil im Management), im Ausbau- und Bauhilfsgewerbe sowie in den Branchen Landwirtschaft,
Bekleidungsindustrie und im Dienstleistungsbereich. Eher selten trifft man Managerinnen in der Bergbaubranche, in der Energiewirtschaft und im Versicherungsgewerbe sowie im Maschinenbau- und in der Fahrzeugbranche.
Besonders häufig werden Führungspositionen in den Bereichen Kommunikation, Werbung und Marketing sowie Personal von Frauen besetzt.
Über die Gründe für die nach wie vor starke männliche Dominanz unter den Entscheidern der deutschen Wirtschaft mag Görbing nicht spekulieren. In manchen Unternehmen geben vielleicht männliche Entscheider
eher männlichen Kollegen den Vorzug, wenn es um die Besetzung von Führungspositionen geht, sagen Experten. Auch bestehe vielleicht die Sorge, dass Frauen ausstiegen, wenn sich Nachwuchs anmelde. "Dabei wäre es für die
Unternehmen ein lohnendes Geschäft, wenn sie stärker auf Frauen bauen würden", heißt es in der Studie.
Zwei aktuelle Studien hätten belegt, dass Firmen mit einem hohen Frauenanteil im Management profitabler sind, so Görbing. Im internationalen Vergleich hinken deutsche Unternehmen nach wie vor deutlich hinterher. Weltweit liegt
der Frauenanteil in Führungspositionen den Angaben zufolge bei mittlerweile 22 Prozent, europaweit sind es immerhin 17 Prozent.
Viel besser sieht es für Frauen in Asien aus: Nach einer Untersuchung der Beratungsgesellschaft Grant Thornton liegen die Philippinen mit einem Frauenanteil von 50 Prozent im Management weit vorn, gefolgt von Thailand (39 Prozent),
Hongkong (35 Prozent), China (32 Prozent) und schließlich Taiwan (29 Prozent).VON EVELYN BINDER, 17.04.07
Letzte Änderung: 21.11.2007