Gesundheit- Fett statt fitt

10.05.2007 Eltern als schlechte Vorbilder, Bundesregierung schlägt Alarm

Spitzenposition für die Deutschen: In Europa stellen sie die meisten Fettleibigen. Das soll sich ändern. Die Bundesregierung will den Speckröllchen zu Leibe rücken.
"Fit statt fett": Mit einem Fünf-Punkte-Aktionsplan will die Bundesregierung der Fettleibigkeit zu Leibe rücken. Die ist in Deutschland keine Randerscheinung mehr: Bis 40 Millionen Menschen in Deutschland - in der Mehrheit sind es Männer - gelten als zu dick.
Auch immer mehr Kinder und Jugendlichen sieht man die Folgen falscher Ernährung und mangelhafter Bewegung an. Diabetes sei zu einer "Epidemie für Kinder und Jugendliche" geworden, ebenso, mit zunehmendem Alter, Herzkreislauferkrankungen und Rückenbeschwerden.
Auch um Folgekosten von rund 70 Milliarden Euro im Jahr einzudämmen, wird die Bundesregierung nun aktiv. Bis zum Frühjahr 2008 soll in Zusammenarbeit mit Ländern, Kommunen und Verbänden ein "Nationaler Aktionsplan" erarbeitet werden. Er wird folgende Handlungsfelder umfassen:
- Vorbildfunktion der öffentlichen Hand;
- Bildung und Information, vor allem in Schule und Elternhaus;
- Bewegung im Alltag;
- Bessere Verpflegung außer Haus, etwa in Kantinen;
- Mehr Forschung zu Ernährung und Übergewicht.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt will, dass Schulen künftig mehr Wissen über gesunde Ernährung vermitteln. Ein Pflichtfach Ernährung würde sie begrüßen. Allerdings seien dafür die Kultusminister der Länder zuständig.

Die Hälfte der Frauen und zwei Drittel der Männer in Deutschland gelten als zu dick. Noch alarmierender ist die Tatsache, dass fast zwei Millionen Kinder übergewichtig oder sogar fettleibig sind, Tendenz steigend. Kinder und Jugendliche bewegen sich viel zu wenig, darüber hinaus ernähren sich viele falsch.
20 bis 30 Prozent der Kinder haben wegen der abnehmenden Muskelkraft Haltungsschwächen, immer Jüngere klagen über Kreislaufprobleme, Rückenschmerzen und mangelnde Konzentration. Gerade diejenigen Kinder, die es am nötigsten hätten, gehören keinem Sportverein an. Der Schulsport kann die Defizite des Bewegungsmangels bei gerade mal drei Wochenstunden und häufigen Unterrichtsausfall keinesfalls beheben.
Bleiben die Eltern, Erziehungsberechtigte, die stundenlang vor Fernseher oder PC sitzen, sind freilich ein schlechtes Vorbild. Wie wäre es stattdessen, mit Nachwuchs eine Radtour oder Wanderung zu machen, sich selber mal die Inliner unterzuschnallen, mitzukicken oder sich an einen Klettersteig zu wagen?
Den Eltern würde dabei einiges auffallen: dass ihre Kinder nicht mal mehr über eine Mauer zu balancieren, rückwärts zu laufen oder zu klettern vermögen und keinen Ball mehr fangen können.
Aber Verantwortung für die Bewegungserziehung der Sprösslinge zu übernehmen, ist vielen unbequem. Lieber fährt man die Kleinen zur Schule - damit die sich gar nicht mehr bewegen müssen.
Südwestpresse, 10.05.07

Letzte Änderung: 21.11.2007