Gleichstellung

12.05.2007 Mehr fordernde Frauen braucht die IG Metall

Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen, sie bekommen
nichts, zitierte Berthold Huber die französische Feministin Simone de Beauvoir. »Deshalb braucht die IG Metall mehr Frauen wie euch«, sagte der Zweite Vorsitzende der IG Metall den Teilnehmerinnender Konferenz in Sprockhövel.
Doch auch fordernde Frauen brauchen einen langen Atem. Zwar konnten die IG Metallerinnen einige Fortschritte erkennen. IG Metall- Vorstandsmitglied Kirsten Rölke verwies etwa auf das neue Elterngeld, mit dem eine langjährige Forderung der Gewerkschaftsfrauen umgesetzt wurde.

Nun droht die Pflegefalle
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) begrüßte Rölke ebenfalls. Das Gesetz habe immerhin dafür gesorgt, dass Benachteiligung in den Betrieben ein Thema sei. Doch es reiche nicht aus, damit Frauen in der deutschen Wirtschaft nicht länger Menschen zweiter Klasse bleiben. Die Metallerinnen werden deshalb weiter ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft fordern.
Auch das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleibe eine Baustelle. Es dürfe aber nicht auf Kosten der Frauen gelöst werden. Mehr Langzeitkonten für Menschen mit Familienaufgaben lehnen die IG Metall-Frauen daher genauso
ab wie eine Pflegezeit von maximal einem Jahr, wie sie die Koalition derzeit plant. Aus Sicht der Metallerinnen handelt es sich nur um eine neue Moralkeule, mit der Frauen aus dem Erwerbsleben gedrängt werden sollen. Nach der Erziehungsfalle drohe Frauen nun die Pflegefalle.
Doch auch die IG Metall selber hat aus Sicht der Frauen Nachholbedarf. Besonders junge Frauen verlieren oft wieder das Interesse an der Gewerkschaft. Während sie in den Jugend- und Auszubildendenvertretungen mit fast 28 Prozent noch überdurchschnittlich vertreten sind, verlieren sich ihre
Spuren in anderen Gremien. Auf junge Frauen wirke die Gremienarbeit oft extrem verstaubt, sagt Stephanie Schmoliner vom Bezirk Küste. Sie wünschten sich andere Formen wie etwa Projektarbeit.

Nur keine Frauenthemen
Aber auch fehlende weibliche Vorbilder innerhalb der Gewerkschaft und Themenvergabe nach Geschlecht machten Gewerkschaftsarbeit für junge Frauen wenig attraktiv. »Junge Frauen wollen keine Frauenthemen besetzen«, sagt Lena Lehmann von der Verwaltungsstelle Kiel/Neumünster.
»Tarifpolitik wird aber nur selten von Frauen bearbeitet. « Um mehr junge Frauen für die IG Metall zu begeistern, müsse sie ihnen ein breites Angebot machen und sie nicht in Frauenstrukturen abdrängen, sagt Lena Lehmann. Außerdem vermissten die Frauen die politische Gleichberechtigung
verschiedener Lebensentwürfe in der Gewerkschaft. »Für sie steht die IG Metall vor allem für den fest angestellten, männlichen Facharbeiter
in einem Großunternehmen«.
Direkt, Nr.9

Letzte Änderung: 21.11.2007