Runter vom Olymp!

10.06.2007 Beim Zeus, es reicht jetzt mit globaler Politik und bedeutenden Gipfelereignissen

Es reicht. Wochen-, wenn nicht monatelang war Deutschland Mittelpunkt der Welt. Die Wichtigen und Wichtigsten kamen zu uns. Und machten, was sie in Allgemeinen wie im Besonderen zu tun pflegen: sich wichtig. Das nennt sich dann G-8-Gipfel.
Andere taten sich auf ihre Weise wichtig: Am deutschen Gutmenschentum und Fair-Trade-Wesen möge die unheile Welt genesen. Weltenlenker und Weltverbesserer unter sich. Es waberte nur so vor lauter Bedeutung. Und geriet deswegen auch ein paar Nummern zu groß - bis hin zu den Gewaltaktionen der so genannten Autonomen oder den kilometerlangen Sicherheitszäunen, die allerlei ungute Erinnerungen weckten. Schluss damit: Können wir uns mal wieder um unsere kleinen Probleme, um unsere kleine Welt kümmern?

Es reicht. In zahlreichen Fernseh- und anderen publizistischen Beiträgen wurde die Existenz in Frage gestellt - die der Welt und die unsrige sowieso. Und es wurden nur noch letzte Fragen gestellt. Das geht schon in Ordnung: Kein Mensch sollte schließlich gedankenlos in den Tag hinein leben - als globaler Umweltsünder oder Förderer der weltweiten sozialen Ungleichheit. Jede(r) möge sein Tun bedenken und überdenken, sollte womöglich sogar umdenken.

Appelle und Anstöße dazu sind notwendig, und die bekamen wir in den letzten Tagen und Wochen zuhauf um die Ohren gehauen. Doch kein mickeriger Mensch vermag - schon allein ob seiner Endlichkeit und seines ihm ebenfalls innewohnenden Egoismus - an jedem lieben langen Tag für die ganze Welt mitzudenken. Und zu retten?

Daher lasst uns doch bitte zwischendurch aufatmen. Lasst uns auch mal wieder auf die kleinen Skandale und Affären blicken, auf die sächsischen Rotlicht-Geschichten zum Beispiel oder die (un-)ehelichen Verhältnissen bei der CSU. Oder aber darauf, wie’s jetzt eigentlich mit den versprochenen Reformen in der deutschen Politik so weitergeht.

Es reicht. Gewiss, Angie steht jetzt fast schon auf dem Olymp. Sie befindet sich im Zenit ihrer Macht, ihres Einflusses, ihrer Popularität. Ist rundum respektierte Staatslenkerin. Gilt nicht mehr nur als gute Moderatorin, sondern als Macherin, als diejenige, die den unwirschen Wladimir im Zaum hält und dem präpotenten George atwas abtrotzt.
Mit ihrer scheu inszenierten Augenaufschlag ist Angela Merkel zum Liebling der Deutschen geworden, zu einem Fixpunkt auf internationaler Bühne obendrein.
Doch möge sich die Kanzlerin jetzt, bitteschön, genauso intensiv wie ums weltweite Klima wieder ums Klima in der Koalition kümmern.
Möge sich die Königin aller Beliebtheitsskalen um so nieder Belange kümmern wie die Reform der Pflegeversicherung und die Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern, um den Steuerstreit der Koalition und die in den Reihen der Union umstrittene Kinderförderung, um drängende Bildungsfragen und den Klimaschutz im Kleinen.
Es reicht nicht. Die von ihr geführte Regierung hat noch nicht einmal die erste Halbzeit beendet.
Andreas Braun
Sonntag Aktuell, 10.06.07

Letzte Änderung: 21.11.2007