Kinderbetreuung

21.06.2007 Südwesten als Schlusslicht

In Baden-Württemberg werden im Vergleich zu anderen Bundesländern nur sehr wenige Kinder ganztags außerhalb der Familie betreut.
Schlusslicht bei einem Vergleich der Betreuungsquote von Kindern zwischen drei und sechs Jahren ist Südwesten, teilt das Statistische Bundesamt mit.
Demnach werden in Baden-Württemberg 6,9 Prozent dieser Altersgruppe ganztags in Tageseinrichtungen oder bei einer Tagesmutter betreut.
Bundesweit sind es 22,1 Prozent. Im Westen werden im Schnitt 15,2 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen betreut, im Osten 57,7. Den höchsten Wert hat Thüringen mit 84,0 Prozent.
Baden-Württembergs Familienministerin Monika Stolz (CDU) weist auf die Wahlfreiheit der Eltern bei der Kinderbetreuung hin. Die Opposition im Landtag fordert die Landesregierung auf, die Betreuung auszubauen. Bei den Kindern unter drei Jahren erreicht Baden-Württemberg nach Angaben der Statistiker eine Ganztagesquote von 2,1 Prozent, nur Schleswig-Holstein (2,0) und Niedersachsen (1,4) kommen auf geringere Werte. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 6,5 Prozent.
"Bei unserem hohen Anteil an gewollter Teilzeitbeschäftigung ist es nicht verwunderlich, dass Kinder nicht den ganzen Tag in Einrichtungen betreut sind", sagte Stolz. Trotzdem habe der Ausbau der Bertreuungsangebote hohe Priorität.

Kommentar
Zu viel Bevormundung

Nach langer Zeit des Reformstaus hat die Politik den Bürgern zu Recht abverlangt, sich Veränderungen zu stellen. Das war in den vergangenen Jahren ein mitunter schmerzhafter Prozess. Umso ärgerlicher ist es, wenn man nur den Eindruck gewinnen muss, dass mancher politisch Verantwortliche im Gegenzug keineswegs sein Weltbild der Wirklichkeit anpassen will.
Noch immer ist Baden-Württemberg trotz der groß angelegten "Kinderland"- Kampagne des Ministerpräsidenten Günther Oetinger Schlusslicht bei der Tagesbetreuung der Drei- bis Sechsjährigen. Nicht viel besser sieht es bei den Ganztagsangeboten für unter Dreijährige aus.
Sozialministerin Monika Stolz spricht von "gewollten Teilzeitbeschäftigung". Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es vor allem die Südwest-CDU selbst ist, die - anders als Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen - weiterhin die klassische Aufgabenteilung in der Familie propagiert. Deshalb wurde im Land auch jahrelang der Ausbau der Ganztagschulen blockiert.
Doch es steht der Politik nicht zu, den Menschen Lebensentwürfe aufzudrängen um sie zu bevormunden. Sie muss auf deren Bedürfnisse, etwa nach mehr Ganztagsangeboten, reagieren. Ob beide Eltern arbeiten, ob sie es in Teil- oder Vollzeit tun, ob sie ihre Kinder selbst betreuen oder in eine Einrichtung geben - das ist allein ihre Sache.
Antje Berg
Südwestpresse, 20.06.07

Letzte Änderung: 21.11.2007