Mindestlohn: Ein Kompromiss, der nicht trägt

21.06.2007 Schwarzer Tag für Niedriglöhner

Am 19. Juni 2007 einigte sich die Große Koalition auf einen Minimalkompromiss zum Mindestlohn.
Ergebnis: Es gibt keine flächendeckenden Mindestlöhne. Stattdessen soll das Arbeitnehmer-Entsendegesetz ausgeweitet und das Mindestarbeitsbedingungsgesetz von 1952 modernisiert werden. Die Hürden für branchenbezogene Mindestlöhne werden damit sehr hoch gelegt.
Selbst in den Branchen, in denen Mindestlöhne vereinbart werden können, ist eine Mindesthöhe von 7,50 Euro nicht gesichert. Deshalb ist der 19. Juni ein schwarzer Tag für Niedriglöhner.

Weit über sieben Millionen Menschen in Deutschland arbeiten für Hungerlöhne. Es werden immer mehr. Arbeitgeber missbrauchen die Massenarbeitslosigkeit und das Fehlen von Tarifverträgen, um Beschäftigte in Arbeitsverhältnisse mit Einkommen weit unter sieben Euro die Stunde zu zwingen.
Für die Niedriglöhner ist das verheerend:
Das Arbeitseinkommen reicht nicht zum Leben. Aber auch für die Beschäftigten, die ein anständiges, tariflich abgesichertes Einkommen haben, ist die Entwicklung
gefährlich. Durch Lohndumping kommen ihre Einkommen und Arbeitsbedingungen unter Druck. Ein weiterer negativer Effekt:
Niedriglöhne unterhöhlen die Einnahmebasis unserer sozialen Sicherungssysteme.
Niedriglöhne fördern Sozialabbau.
Deshalb fordert die IG Metall flächendeckende Mindestlöhne, die auf unseren Tarifverträgen beruhen. Dort, wo diese nicht greifen, soll eine gesetzliche Untergrenze von 7,50 Euro gelten.
Schlechter Kompromiss
Die Teileinigung der Großen Koalition ist weit von den Gewerkschaftsforderungen
entfernt. Armutslöhne werden nicht beseitigt. Eine Erweiterung des Arbeitnehmer-
Entsendegesetzes können die Arbeitgeber praktisch mit ihrem Veto blockieren. Arbeitsminister Franz Müntefering hat auf die Teileinigung mit "Zorn und Empörung” reagiert. Mit der Union könne man den Mindestlohn nicht machen. Man müsse ihn gegen sie machen.
Jürgen Peters, Erster Vorsitzender der IG Metall, fordert die SPD auf, sich für einen Mindestlohn einzusetzen, der diesen Namen verdient.

Kompliziertes Verfahren
Das Arbeitnehmer-Entsende-Gesetz besagt, dass Tarifverträge für bestimmte Branchen für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Zukünftige
Voraussetzung: Gemeinsamer Antrag der Tarifparteien und mindestens 50 Prozent
der Beschäftigten müssen tarifgebunden sein. Der Koalitionsausschuss hat das Verfahren um die Regelung ergänzt, dass der Bundesarbeitminister bei Nichteinigung der Tarifparteien dem Bundeskabinett vorschlagen kann, einen Tarifvertrag für eine Branche für allgemeinverbindlich zu erklären.
Probleme:
1. Arbeitgeber haben mehr Blockademöglichkeiten.
2. Allgemeinverbindlichkeitserklärung hängt von Machtverhältnissen in der Regierung ab.
3. Gerade in den Problembranchen liegt die Tarifbindung unter 50 Prozent.

Für die Branchen, für die die Voraussetzungen des Entsendegesetzes
oder Tarifverträge nicht gelten, soll das Mindestarbeitsbedingungengesetz
von 1952 angewendet werden.
Das ob und die Höhe von Mindestlöhnen sind aber unklar.
Quelle - IG Metall, 21.06.07

Letzte Änderung: 21.11.2007