Für Trennung nach Klasse 7
Kultusminister Helmut Rau strebt nach Zeitungsberichten einer Trennung der Hauptschüler entsprechend ihre Begabung nach Klasse 7 an. So sollen die einen in einem Praxisschulzug und die anderen in einem Werkrealschulzug unterrichtet
werden.
Im Reformenentwurf seien 325 zusätzliche Lehrer-Deputate vorgesehen sowie ein Finanzbedarf für Sachmittel von rund 3,8 Millionen Euro, heißt es, Rau will sein Konzept in der kommenden Woche dem Kabinett vorlegen. Ein
Ministeriumssprecher wollte die Details vorher nicht kommentieren. Er wies darauf hin, dass der Minister Elemente des Konzepts bereits im Landtag vorgestellt habe.
Opposition und zahlreiche Hauptschulrektoren hatten ein Ende des dreigliedrigen Schulsystems gefordert. Mitte März hatte Rau im Parlament angekündigt, die Fächer Deutsch und Mathematik zu stärken und den Praxisbezug
in den Klassen 8 und 9 auszubauen.
Grundlage dessen soll eine Kompetenzanalyse in Klasse 7 sein. Der Städtetag Baden-Württemberg reagierte positiv auf den angekündigten stärkeren Praxisbezug bei den Hauptschulen.
"Das ist absolut unsere Position", sagte Verbandssprecher Manfred Stehle. Es sei aber wichtig den Schulen in den verschiedenen Regionen Spielräume zu lassen.
Kommentar - Der Auslese Terror
Mancher lässt es sich viel kosten, der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen zu müssen: Die zu eisernem Sparen entschlossene Landesregierung scheut jedenfalls nicht davor zurück, eine ungeliebte Schulart mit mehreren Millionen
Euro vor dem langsamen Tod retten zu wollen.
Von Jahr zu Jahr sinkt der Prozentsatz der Schüler, die in die Hauptschule wechseln. Dorthin geht nur noch, wer muss - und sich den Nachhilfelehrer in der Grundschule nicht leisten kann.
Man möchte der CDU-Kultusminister einmal empfehlen, einige Wochen in einer vierten Klasse zu verbringen. Dort, wo der Auslese-Terror tobt, weil Schüler und Eltern wissen, dass innerhalb kürzester Zeit ein Gutteil der
Zukunftschancen verteilt wird.
Vielleicht nehme Helmut Rau dann Abstand von seinen Plänen, nur auch noch die Hauptschüler selbst einer Selektion zu unterziehen, sie nach einer "Kompetenzanalyse" erneut in starke und schwache zu unterteilen.
Konstruktiv ist einzig die Idee, den Praxisbezug auszubauen und die jungen Leute mehr Erfahrung in den Betrieben sammeln zu lassen. Doch auch so werden das überkommene dreigliedrige Schulsystem und die Hauptschule nicht
überleben.
Damit Kinder ihre Fähigkeiten entfalten können, brauchen sie Lehrer und Bildungspolitiker, die sie auf jede erdenkliche Weise fördern, statt sie immer wieder auszubremsen und abzuschieben. Antje Berg
Südwestpresse, 22.06.07
Letzte Änderung: 21.11.2007