Frauenhaus
"Wir Zonta-Frauen sehen uns als Frauen mit Verantwortungsbewusstsein und sozialem Gewissen", sagt Präsidentin Ingrid Adam: Seit 29 Jahren unterstützt der Club das Frauenhaus - am Samstag ab 10 Uhr mit "Kultur, Brunch und dem
Basar der schönen Dinge" im Spitalhof.
Beinahe hätte es nie ein Frauenhaus unter der Achalm gegeben: "Ist es war, dass es in Reutlingen so viele böse Männer gibt?", soll damals ein Stadtrat gefragt haben, als die Entscheidung im Gemeinderat anstand. Damals
sprang die Robert-Bosch-Stiftung ein, die Zonta-Frauen folgten - seit 1978 gibt es sowohl das Haus mit der streng geheimen Adresse als auch die Reutlinger Abteilung des Frauen-Clubs, dessen weltweit 33 000 Mitglieder sich in 69
Ländern ehrenamtlich engagieren.
Gut 2000 Frauen, die häuslicher Gewalt zum Opfer gefallen sind, und 2000 Kinder haben Frauenhaus-Leiterin Irene Köpf und ihr überschaubares Team seither empfangen, rund die Hälfte davon kommt aus der Stadt, die andere
Hälfte aus dem Landkreis.
Dass indes die Finanzierung nach all den Jahren gesichert ist, davon kann noch immer keine Rede sein. Der neueste finanzielle Rückschlag: Seit dem vergangenen Jahr fallen Frauenhäuser unters Sozialgesetzbuch II, was bedeutet,
dass nur arbeitslose Frauen den vom Landkreis zugestandenen Tagessatz von knapp 30 € beanspruchen können.
"Berufstätige Frauen müssen entweder selbst bezahlen, was für sie den Ruin bedeutet, oder aber wir nehmen sie unentgeltlich auf, was für uns den Ruin bedeutet", beschreibt Irene Köpf die Regelung, die vergangenes
Jahr dafür gesorgt hat, dass der Anteil berufstätiger Hilfesuchender um 90 Prozent gesunken ist.
Trotzdem hat die Änderung ein Loch von 50 000 Euro ins Frauenhausbudget gerissen -"alle unsere Rücklagen sind weg", bedauert die Leiterin. Und was aus den berufstätigen Gewaltopfern geworden ist, sei ebenfalls unklar, den
die von der Stadt finanzierte ambulante Beratungsstelle habe es nicht alle auffangen können, weiß Irene Köpf: "Die Beraterin, die selbst nur eine halbe Stelle hat, hat längst nicht alle Termine machen können, die
nötig gewesen wären."
Die Benefizveranstaltung, die die Zonta-Frauen seit fast drei Jahrzehnten alljährlich auf die Beine stellen, kommt also auch diesmal wieder zum richtigen Zeitpunkt. Allerdings findet sie erstmals in Reutlingens guter Stube statt:
"Die Stadt hat uns den Spitalhof kostenlos zur Verfügung gestellt", freut sich Ingrid Adam. "den Mietpreis hätten wir uns nicht leisten können."
Los geht es um 10 Uhr: Dann startet die Ausstellung "Frauen und Kinder schützen - Einblicke in die Arbeit des Frauenhauses." Weil die Anschrift des Hauses geschützt ist, könne dort ja auch kein Tag der offenen Tür
stattfinden, erläutert Irene Köpf - stattdessen gibt es Fotos von den Räumen, in denen die Frauen manchmal nur eine Woche, manchmal ein halbes Jahr bleiben, selbst gemalte Plakate und Kinderzeichnungen, auf denen zu sehen
ist, wie Kinder die Gewalt des Vaters in den eigenen vier Wänden erleben und verarbeiten.
Überdies steht ein Video mit dem Titel "Wahre Geschichten von zu Hause" auf dem Programm, indem ebenfalls betroffene Kinder zu Wort kommen.
Ab 11 Uhr liest Thaddäus-Troll und Egon-Erwin-Kisch-Preisträgerin Angelika Overath aus ihren Werken "Fließendes Land" und "Seepferdchen". Die Tübingerin verzichtet aufs Honorar, genau wie die Musikerinnen Katrin
Ellger und Susanne Götz, die die Lesung mit ihren Stücken umrahmen.
Bis 14 Uhr ist im Spitalhof Shopping für den guten Zweck angesagt: Auf dem Basar der schönen Dinge finden sich Bekleidung, Schmuck, Silber und Kristall.
Essen und Trinken gibt’s natürlich auch. Der Eintritt kostet acht Euro, der Erlös kommt dem Frauenhaus zugute. "Außerdem stellen wir auch eine Spendekasse auf", bittet Präsidentin Adam darum, eine Einrichtung zu
fördern, die immerhin die erste ihrer Art in Baden-Württemberg war.
Südwestpresse, 28.06.07
Letzte Änderung: 21.11.2007