Mehr Rechte und Geld für Versicherte

07.07.2007 Das 100 Jahre alte Recht für Versicherungsverträge wird gründlich entrümpelt

Das verspricht den Versicherten mehr Rechte und Informationen. Insbesondere bei Lebensversicherungen können sie auch auf höhere Leistungen hoffen. Dies gilt auch für bestehende Policen.
Nach mehr als sieben Jahren Vorarbeiten hat der Bundestag gestern das neue Versicherungsvertragsgesetz beschlossen. Von 2008 an winkt den Versicherten eine ganze Reihe von Vorteilen.

1. Mehr Beratung und Information: Die Versicherungsvertreter müssen ihren Kunden eine speziell auf ihren Fall zugeschnittene Beratung bieten und diese auch dokumentieren. Das soll Klagen erleichtern.
Beispiel: Will ein Autofahrer eine Vollkaskoversicherung für einen Auslandsurlaub abschließen, muss der Vertreter klären, ob der Schutz auch im Urlaubsland gilt. Der Kunde muss alle Vertragsunterlagen erhalten, bevor er unterschreibt; es reicht nicht mehr, dass sie zusammen mit dem Versicherungsschein zugeschickt werden. Er kann hierauf allerdings auch verzichten.

2. Anzeigepflichten: Beim Vertragsabschluss muss der Versicherte nur noch
Probleme angeben, nach denen der Versicherer ausdrücklich fragt. Bisher
hatte er das Risiko, dass er wichtige Dinge vergisst.

3. Widerrufsrecht: Neu abgeschlossene Versicherungsverträge können
innerhalb von zwei Wochen widerrufen werden. Bei Lebensversicherungen
beträgt die Frist 30 Tage nach Zugang sämtlicher Vertragsbedingungen.

4. Alles-oder-Nichts-Prinzip: Hat der Versicherte grobfahrlässig gehandelt,
bekam er bisher häufig gar nichts, etwa von der Hausratsversicherung,
wenn ein Erdgeschossfenster nur gekippt war und eingebrochen wurde.
Künftig gibt es Ersatz.

5. Klagefrist: Bisher mussten Ansprüche, die der Versicherer abgelehnt
hatte, innerhalb von sechs Monaten bei Gericht geltend gemacht werden.
Künftig beträgt die Frist drei Jahre.

6. Überschussbeteiligung: Bei Kapitalbildenden Lebensversicherungen hat
der Versicherte in Zukunft einen Anspruch auf die Hälfte der stillen
Reserven, die durch seine Beiträge erwirtschaftet wurden. Die
Auszahlung sollte also steigen.
Bisher wurden solche nicht realisierten Gewinne auch nicht ausgeschüttet.
Das benachteiligt die Versicherten, urteilte das Bundesverfassungsgericht
2005. In Zukunft müssen die Versicherer jährlich über die stillen Reserven
informieren und die Hälfte bei Vertragsablauf auszahlen. Das gilt ab 2008
auch für bestehende Verträge.

7. Modellrechnung: Bei Abschluss einer Lebensversicherung muss der Kunde
eine realistische Rechnung erhalten, welche Leistungen er bei Ablauf des
Vertrags erwarten darf.

8. Storno: Bei Lebensversicherungen müssen die Abschlusskosten auf die
ersten fünf Jahre verteilt werden. Bisher wurden sie meist sofort abgezogen.
Bei einer vorzeitigen Vertragskündigung gab es daher in den ersten Jahren
häufig nichts oder nur wenig zurück. Das hatte das Bundesverfassungsgericht gerügt. Außerdem müssen die Abschluss- und Vertriebskosten, sprich die Vertreterprovision, ausdrücklich in Euro und Cent ausgewiesen werden. Diese Regeln gelten nur für neue Verträge, die ab 2008 abgeschlossen werden.

9. Inkrafttreten: Das Gesetz tritt am 1. Januar 2008 in Kraft. Es gilt sofort für
neue Verträge, für bestehende - mit den genannten Ausnahmen - erst ab 2009.
Südwestpresse, 06.07.07

Letzte Änderung: 21.11.2007