Polizeigesetz umstritten
Kurz vor den entscheidenden Verhandlungen verschärft sich in der CDU/FDP - Koalition der Streit um das Landespolizeigesetz. Die CDU will Online-Durchsuchungen erlauben, der FDP-Justizminister will sie verhindern. "Das ist mit uns
nicht zu machen", sagt Ulrich Goll.
Pläne von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Online-Durchsuchungen von Computern hat sein Stuttgarter Kollege und Parteifreund Heribert Rech stets unterstützt. Auch für die Landespolizei will Rech
Möglichkeiten zur Online-Durchsuchungen einführen. Die neun Mitglieder im Arbeitskreis Inneres der CDU- Landtagsfraktion dringen sogar vehement darauf.
Zur Bekämpfung schwerster Kriminalität wie Kinderpornografie, aber auch des Terrorismus, seien derartige Fahndungsmethoden "unerlässlich", heißt es in einem Antrag der CDU-Innenpolitiker.
"Ich kann die ablehnende Haltung des Justizministers nicht verstehen", sagt Thomas Blenke, polizeipolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Der CDU gehe es nicht um massenhaftes Ausspähen.
"Aber wir brauchen die Möglichkeit der präventiven Online-Durchsuchungen für wenige Extremfälle unbedingt im Polizeigesetz und im Landesverfassungsschutzgesetz." Provokant fragt er: "Muss erst etwas passieren, damit
die FDP ihren Widerstand aufgibt?"
Wenige Wochen von den Klausurtagungen der Fraktionen, bei denen das geplante neue Polizeigesetz Top-Thema sein wird, verschärft auch die FDP die Tonlage.
"Die Online-Durchsuchung ist mit uns nicht zu machen, weil sie allen schadet und keinerlei nachgewiesenen Nutzen hat", sagt Justizminister Goll. Terrorismus und Kinderpornografie ließen sich bereits mit "strafprozessualen
Möglichkeiten wie Durchsuchung, Beschlagnahme und Observation wirkungsvoll bekämpfen".
Blenke widerspricht: Die Hausdurchsuchungen mit Beschlagnahme von Computern sei zum "stumpfen Schwert" mutiert. Per Mausklick könnten Verdächtige noch rasch Daten löschen - und dann auch vor Gericht notwendiges
Beweismaterial. Bei einer Online-Durchsuchung könnten die Daten dagegen vorab gesichert werden.
Angesichts der CDU-Forderung, die sich mit FDP-Parteitagbeschlüssen beißt, sieht Goll sogar bislang erzielten Kompromisse für ein neues Polizeigesetz in Frage gestellt: "Die Online-Durchsuchung ist nicht indem vor uns
geschnürten Kompromisspaket enthalten. Wenn die CDU sie ins Polizeigesetz schreiben möchte, müssen wir das gesamte Verhandlungspaket wieder aufschnüren."
Dabei haben sich Innen- und Justizressort bereits auf Neuerungen im Polizeigesetz geeinigt:
- Die Polizei soll die bisher auf wenige Kriminalitätsschwerpunkte beschränkte Videoüberwachungen auch bei größeren Veranstaltungen einsetzen dürfen. Bisher müssen die Daten nach 48 Stunden
gelöscht werden, die Höchstspeicherdauer wird auf vier Wochen erweitert.
- Sie darf GPS-Geräte, die wie eine Wanze an Autos Verdächtiger angebracht werden und ihr den Standort des Fahrzeugs anzeigen, nutzen.
- Die Landespolizei soll bei einer Fahndung auch Kfz-Kennzeichen-Lesegeräte einsetzen können, um die Nummern vorbeifahrender Autos elektronisch mit den Daten der Fahndungsdatei abzugleichen.
- Geräte, die Handys orten und dazugehörige Daten ermitteln, soll die Polizei bei Observationen zur Standortbestimmungen und zur Ermittlung der Handy-Kennung nutzen dürfen. Strittig ist die Erhebung der Verbindungsdaten,
also wer mit wem wann wie lange telefoniert. Gesprächinhalte sind Tabu.
Südwestpresse, 15.08.07
Letzte Änderung: 21.11.2007