Schon wieder höhere Strompreise

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20.02.2008 ENBW bilanziert neue Rekorde bei Umsatz und Gewinn

Die ENBW hat im vergangenen Jahr zwar wieder einmal rekordverdächtig verdient, trotzdem müssen die Kunden des drittgrößten deutschen Energieversorgers wohl bald mit einer Strompreiserhöhung rechnen.
Die Energie Baden-Württemberg AG (ENBW), zur knappen Hälfte in öffentlichem Besitz, hat gestern erneut ein Rekordergebnis bilanziert. Umsatz, Vorsteuerergebnis, Gewinn: Fast alle Zahlen weisen nach oben. Davon haben vor allem die Aktionäre etwas: Die in den Oberschwäbischen Elektrizitätswerken zusammengeschlossenen Landkreise und Kommunen bekommen gleich ein Drittel mehr Dividende, pro Aktie genau 1,51 EUR.

Profitiert hat aber auch die Unternehmensführung, allen voran der neue Chef Hans-Peter Villis. Seit Oktober vergangenen Jahres sitzt er an der Spitze und hat gleich im ersten Vierteljahr mehr als 1,5 Mio. EUR kassiert. Damit deklassiert er deutlich seinen Vorgänger, den schillernden und deswegen vor allem bei den schwäbisch-konservativen Anteilseignern unbeliebten Utz Claassen. Der hatte dem Unternehmen einen strikten Konsolidierungskurs verordnet - und sich die letzten neun Monate seines Wirkens mit knapp 2,5 Mio. EUR vergüten lassen.

Der bisherige Kurs, bilanziert Villis, ohne den Namen seines Vorgängers in den Mund zu nehmen, ist nun abgeschlossen. "Wir sind ein ganz normaler Energieversorger, der sich aufs Kerngeschäft konzentriert ". Aus dem Gemischtwarenhandel, den die Politik der ENBW verordnet hatte, hatte sich schon Claassen zurückgezogen und die Trennung von der Müll-Verschwelung "Thermoselect ", dem Parkplatzbetreiber Apcoa oder der Salamander-Schuhfabrik verfügt. Villis dazu: Jetzt beginne ein neues Kapitel, "und das heißt Wachstum ".

Wachsen werden zunächst die Investitionen. Bis 2010 wollen die Karlsruher 7,6 Mrd. EUR investieren, davon 4,6 Mrd. EUR in technische Bereiche wie die Stromerzeugung und Netze für Gas und Strom.

Wachstum auch auf dem Gasmarkt: Die Billigstrommarke Yello, die derzeit 1,4 Mio. Kunden zählt, soll ausgebaut werden und künftig auch Gas liefern. Auf Testmärkten wird derzeit ausprobiert, wie die über das Internet gesteuerten "intelligenten " Gaszähler den Fluss von Billiggas an die Kunden steuern.

Eher stiefmütterlich behandelt wird indes die Ökostrommarke "Naturenergie ", die derzeit 240 000 Kunden fast ausschließlich in Südbaden beliefert. Aber dem neuen ENBW-Chef ist noch nicht einmal der Name dieser Öko-Tochter geläufig.

Für die Expansion verfügt Villis einerseits über die stabile wirtschaftliche Basis, die sich die Nummer drei im deutschen Energiegeschäft in den vergangenen Rekordjahren erarbeitet hat. Er will aber auch neue Schulden machen, sofern ein Zukauf langfristig lohnenswert ist und dadurch die derzeit hervorragende Bewertung des Unternehmens nicht absackt. Das würde wiederum notwendige Kredite verteuern.

Für den neuen Kurs werden dann wohl auch die Kunden zur Kasse gebeten. 18 Monate lang hatte die ENBW die Strompreise nach eigenen Angaben stabil gehalten. Damit ist nun mittelfristig Schluss: "Es gibt eher eine Erhöhung in diesem Jahr als Preiskonstanz ".
SÜDWEST PRESSE,20.02.2008

Letzte Änderung: 20.02.2008