Mobbing im SchülerVZ
Spaß im Internet haben, Freundschaften pflegen oder neue Leute kennenlernen, in Diskussionsforen über Gott und die Welt diskutieren oder die Partybilder vom letzten Wochenende austauschen - Millionen Schüler und Studenten nutzen Online-Netzwerke wie SchülerVZ oder StudiVZ so selbstverständlich, wie sie E-Mails oder SMS verschicken. Briefe schreiben - das war einmal.
Was dabei leider oft auf der Strecke bleibt, ist der Datenschutz. 2006 gelang es Hackern, eine Million StudiVZ-Profile herunterzuladen und auszuwerten. Manche Jugendliche geben so ziemlich alles über sich preis: Nicht nur ihr Foto nebst vollem Namen veröffentlichen sie im SchülerVZ, sondern auch Geburtsdatum, Schule, Klasse, Hobbies und Vorlieben - bis hin zu privaten Bildergalerien und ihrem "Beziehungsstatus".
Wenigstens zwölf Jahre alt, so verlangen es die Nutzungsbedingungen im SchülerVZ, muss ein Nutzer sein. Doch das lässt sich leicht umgehen - etwa mit Hilfe gefälschter Angaben, die niemand überprüft. Und eine Einladungs-E-Mail, bei SchülerVZ Voraussetzung zum Mitmachen, lässt sich leicht über einen Mitschüler organisieren. Es sind ja fast alle "drin".
Stress mit seiner zwölfjährigen Tochter bekam unlängst ein besorgter Vater. Nachdem er in der Zeitung über Porno-Bilder und Nazi-Umtriebe im SchülerVZ gelesen hatte, verbot er der Tochter, dort Mitglied zu werden. Kurze Zeit später tauchten an deren Schule, eine Realschule in einer Tübinger Kreisgemeinde, Ausdrucke aus SchülerVZ-Foren auf. Darin beschimpft ein Jugendlicher Mitschülerinnen wüst. "Streberin" und "Schlampe" gehören noch zu den harmloseren Formulierungen.
"Das ist Mobbing - wir nehmen das sehr ernst", sagt deren Rektor dem TAGBLATT. "Wir gehen dem nach, wenn wir davon Kenntnis bekommen." Die Lehrer würden "im Rahmen ihrer Möglichkeiten" versuchen, die Schüler über die Datenschutz-Problematik und andere Schattenseiten von Online-Netzwerken wie dem SchülerVZ aufzuklären. Jedoch: "Es gibt einen großen Bedarf an Schulsozialarbeit, es fehlen Lehrerstunden für den Umgang mit dem Computer und den Gefahren im Internet", so der Rektor: "Die Schulen sind überlastet."
Eltern oder Lehrer sind im SchülerVZ ausdrücklich nicht erwünscht: "Wir möchten die Privatsphäre unserer Nutzer schützen und bitten Sie als Eltern oder Lehrer gerade deshalb, sich keinen Account im SchülerVZ zu organisieren." Doch was können Eltern dann tun? Sich dafür interessieren, wohin ihre Kinder im Internet surfen. Ihre Privatsphäre respektieren - und ihnen zugleich klar machen, dass sie nicht bedenkenlos noch das intimste Detail über sich und andere preisgeben sollten.
Nicht zuletzt muss die Redaktion von SchülerVZ handeln: Mobber, Neonazis und Porno-Freaks haben in einem Schüler-Netzwerk nichts zu suchen!
SÜDWEST PRESSE,21.02.2008
Letzte Änderung: 21.02.2008