Norovirus verbreitet sich im Land
Die Zahl der Norovirus-Erkrankungen in Baden-Württemberg ist drastisch gestiegen. In sieben Wochen gab es 9873 Fälle der Magen-Darm-Erkrankung.
Schon fast doppelt so viele Norovirus-Fälle wie noch vor einem Jahr gibt es in diesem Winter im Südwesten. Allein seit Jahresanfang haben die Gesundheitsämter 9873 Fälle registriert. Die Zahl werde noch höher, da
erfahrungsgemäß Fälle nachgemeldet würden, sagt Frank Buth vom Stuttgarter Regierungspräsidium. Man könne bereits von einer Epidemie sprechen.
In den vergangenen fünf Jahren sei die Zahl für Baden-Württemberg stetig gestiegen. 2003 wurden 3794 Fälle gemeldet, 2004 waren es 4624, 2005 dann 5455 und 2006 schon 8442. 2007 schnellte die Zahl auf 19 241. Und für 2008 sei mit einem weiteren Anstieg zu rechnen.
Todesopfer habe die Krankheit im Südwesten noch nicht gefordert, sagt Buth. Nachgewiesen werde das meldepflichtige Virus meist anhand einer Stuhlprobe. Das Regierungspräsidium geht davon aus, dass es etliche weitere Fälle gibt, die nicht bekannt wurden, weil viele Erkrankte nicht zum Arzt gingen. Diese Dunkelziffer sei aber schwer zu schätzen. Der Infekt häufe sich überall dort, wo es viele Seniorenheime, Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser gebe, da sich die Krankheit dort verstärkt ausbreite.
Dass in Folge der Epidemie bereits Einrichtungen oder Krankenhaus-Stationen geschlossen werden mussten, sei nicht bekannt, sagt eine Sprecherin des Landessozialministerium. Engpässe gab es jedoch in einigen Krankenhäusern. Im Heilbronner Gesundbrunnen mussten Patienten vorübergehend in Betten auf dem Flur schlafen, da wegen der Quarantäne-Vorschriften Drei-Bett-Zimmer teilweise nur mit einem Norovirus-Patienten belegt werden konnten. Auch das Kreiskrankenhaus Lörrach hatte mit dem Virus zu kämpfen: Hier musste Ende Januar eine Station geschlossen werden, weil mehr als 30 Mitarbeiter gleichzeitig wegen Krankheit ausgefallen sind. Etwa ein Drittel von ihnen war am Norovirus erkrankt.
Noroviren sind inzwischen die häufigsten Erreger von Magen-Darm-Erkrankungen. Früher wurden Salmonellen als Hauptursache vermutet, erst mit neuen Untersuchungsmethoden stellte sich dann heraus: Noroviren sind die Erreger. Der entscheidende Unterschied zwischen diesen Erkrankungen ist nach Angaben des Landesgesundheitsamtes, dass das Norovirus von Mensch zu Mensch übertragbar sei. Salmonellen hingegen tauchen in der Regel nur in Lebensmitteln auf.
Die Infektionen führen zu Bauchkrämpfen, Durchfall und schwallartigem Erbrechen, oft begleitet von Fieber und Kopfweh. Nach zwei bis drei Tagen klingen die Beschwerden gewöhnlich ab. Die Krankheit ist hochansteckend, kleinste Spuren führen bereits zu einer Infektion.
Das Robert-Koch-Institut rät den Betroffenen zu größtmöglicher Hygiene. Handtücher und Kleidung sollten mit Vollwaschmittel bei mindestens 60 Grad gewaschen, verunreinigte Flächen gründlich gereinigt
und die Hände häufig gewaschen werden. Eine Impfmöglichkeit gibt es bisher noch nicht, weil sich das Norovirus wie ein Chamäleon ständig verändert.
SÜDWEST PRESSE,26.02.2008
Letzte Änderung: 26.02.2008