Mehr Macht für die Polizei

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04.03.2008 Videokontrollen im Land sollen massiv ausgeweitet werden Das neue Polizeigesetz für Baden-Württemberg räumt den Ordnungshütern deutlich mehr Befugnisse ein.

Datenschützer und Grüne üben Kritik.
Im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität erhält die baden-württembergische Polizei mehr Befugnisse. So wird die Videoüberwachung vom Sommer an ausgeweitet. Gefilmt werden dürfen dann nicht mehr nur Kriminalitätsschwerpunkte, sondern alle Menschen, die Volksfeste und große Stadien besuchen. Die Daten dürfen allerdings nicht länger als vier Wochen gespeichert werden.

Um schwere Straftaten zu verhindern, dürfen mit richterlicher Genehmigung Telefonverbindungsdaten von Verdächtigen erhoben werden. Die Pläne für einen Video-Atlas mit Aufschaltung auf private Videoüberwachungsanlagen sind dagegen vorerst vom Tisch.

Künftig darf die Polizei bei Kontrollen ein automatisches Kennzeichenlesesystem benutzen. Dabei erfasst eine Digitalkamera die Kennzeichen vorbeifahrender Fahrzeuge und gleicht diese automatisch mit dem Fahndungsbestand ab. Die Kennzeichen Unbeteiligter sollen sofort gelöscht werden. Gegen vergleichbare Befugnisse in Schleswig-Holstein und in Hessen sind Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Eine Entscheidung ist für den 11. März angesetzt.

Der mit den Regierungsfraktionen CDU und FDP abgestimmte Entwurf soll am Dienstag vom Kabinett zur Anhörung freigegeben werden. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Zimmermann, meldete "erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken " an, die Landtags-Grünen warnten vor einem "Datenfriedhof ". Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lautensack, sagte: "Es soll niemand glauben, dass die Einsetzung von technischen Möglichkeiten Personal einsparen kann. Der Regelfall ist genau das Gegenteil. " Justizminister Ulrich Goll (FDP) erwartet, dass die Regelung nicht angezweifelt werden könne. Der Polizeisprecher der SPD-Landtagsfraktion, Reinhold Gall, sagte, das Schlimmste sei abgeblockt worden: "Der Aktivismus, den Innenminister Heribert Rech an den Tag gelegt hatte, ist gestoppt. Die Online- Durchsuchung oder die Aufschaltung auf private Videoüberwachungsanlagen konnte verhindert werden. " Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Uli Sckerl, sagte, die Regelungen des Landes im Polizeigesetz gingen in Richtung einer Vorratsdatenspeicherung.
SÜDWEST PRESSE,03.03.2008

Letzte Änderung: 04.03.2008