Das Kinder- und Küche-Image hält sich

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06.03.2008 Rechtlich stehen Frauen heute gut da, doch es fehlt an der Umsetzung Die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern ist ein mühsamer Prozess. Der Weltfrauentag will ihm Beine machen.

Das Gleichberechtigungsgesetz - es trat vor 50 Jahren in Kraft - war ein Schritt dahin.
"Vor 50 Jahren hätte mein Vater das Arbeitsverhältnis meiner Mutter gegen ihren Willen kündigen können", sagt Leni Breymaier. Erst im Juli 1958 hat sich dies geändert. Das Gesetz über die Gleichberechtigung im Ehe- und Familienrecht, das der Bundestag am 18. Juli 1957 beschlossen hatte, trat in Kraft. Damit wurde das Entscheidungsrecht des Ehemannes in allen Eheangelegenheiten und sein Recht, das Dienstverhältnis seiner Frau fristlos zu kündigen, ersatzlos gestrichen.

Die Mutter hatte von da an einen Anspruch, zu arbeiten, ihr eigenes Geld zu verdienen, ein eigenes Konto zu haben, unabhängig zu sein. Ihr Beruf als Krankenschwester machte ihr zudem Spaß. Leni Breymaier ist 1960 geboren, sie war das jüngste von fünf Geschwistern. "Unsere Mutter hatte oft große Schwierigkeiten, uns unterzubringen, während sie im Krankenhaus arbeitete", erinnert sich die Tochter. Kinderbetreuung war damals ein Thema und ist es noch heute. Die fünf Breymaiers haben sich gegenseitig erzogen. In der Großfamilie ging das, in Ein-Kind-Haushalten von heute ist es ausgeschlossen.

Leni Breymaier, baden-württembergische Bezirksleiterin der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, ist fest davon überzeugt, dass das Gleichberechtigungsgesetz von 1958 ein großer Schritt in die Unabhängigkeit der Frauen war. Manchmal zweifelt sie jedoch daran. "Dann schaue ich mir die alten Werbefilme an, in denen die Frau auf ein Hausmütterchendasein reduziert wurde und mir wird bewusst: Es hat sich Vieles zum Guten gewandelt." Auch Dank dem Ende der so genannten Hausfrauen-Ehe 1977.

Die Gewerkschafterin zitiert den bis dahin gültigen Paragraphen 1356 aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch: "Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist. " Frauen hatten sich um Kinder und Küche zu kümmern. Daher komme "der unsägliche Teilzeit-Schwachsinn oder die Aussage mancher Männer: Meine Frau hat es nicht nötig zu arbeiten", schimpft sie. Das Leitbild der Hausfrauen-Ehe wurde zwar abgeschafft, in den Köpfen bestehe es oft weiter. Verändert hat das Gleichberechtigungsgesetz in den vergangenen 50 Jahren dennoch einiges.

1957 lag laut Statistischem Bundesamt die Erwerbstätigenquote bei 66,7 Prozent. Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung im Alter zwischen 15 Jahren und 65 Jahren ging einer Beschäftigung nach. Daran hat sich kaum etwas geändert. 2006 lag die Quote mit 68,1 Prozent nur wenig über dem damaligen Wert. Wird nach Männern und Frauen unterschieden, zeigt sich die Veränderung. 1957 arbeiteten 90,6 Prozent der Männer und 46,1 Prozent der Frauen. 2006 waren es mit 74,5 Prozent deutlich weniger Männer und mit 61,5 Prozent deutlich mehr Frauen als damals.

"Die Erwerbsquote und das Qualifikationsniveau der Frauen haben sich kontinuierlich verbessert", melden die Arbeitgeberverbände. Deutschland liege über dem Durchschnitt der EU-Staaten von 57,4 Prozent (2006) und übertreffe das für 2010 anvisierte EU-Ziel von 60 Prozent. Der Frauen-Daten-Report des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans- Böckler-Stiftung liefert jedoch ein klareres Bild. Dort haben Wissenschaftler die Statistiken der vergangenen Jahrzehnte ausgewertet und mit aktuellen Angaben verglichen.

Danach ist die Mutter die zentrale Bezugsperson für Kinder. Sie kümmert sich in den ersten Jahren um ihre Sprösslinge. Weit über 90 Prozent der Personen, die Elternzeit nehmen, sind Frauen. Neu ist, dass auch Mütter mit kleinen Kindern mehrheitlich schnell in den Beruf zurückkehren wollen. Doch während in Skandinavien die Hälfte der Kinder unter drei Jahren einen Platz in einer Betreuungseinrichtung hat, ist es in Deutschland nur jedes zehnte. Die schlechte Vereinbarkeit von Kindererziehung und Beruf ist eine Hürde, die Frauen auf ihrem Berufsweg hemmt. Karriere machen sie ohnehin seltener als Männer. Ihr Anteil im Management liegt bei bescheidenen 28 Prozent.

Yvonne Haffner, Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der TU-Darmstadt, ging in einer Studie der Frage nach: Herrscht Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen in hochqualifizierten Jobs. "Klares nein! Frauen sind hauptsächlich dort beruflich erfolgreich, wo keine Männer sind", fasst sie das zentrale Ergebnis zusammen.

Wohl deshalb konzentrieren sich die Hälfte aller weiblichen Auszubildenden auf zehn der mehr als 350 Ausbildungsberufe. Frauen lernen vor allem Dienstleistungs- und Sozialberufe. An der Hochschule wählen sie häufig sprach- und kulturwissenschaftliche Fächer. Damit üben sie später Tätigkeiten aus, die niedriger bewertet und bezahlt werden als technische Berufe. Nur jeder zehnte Ingenieur ist weiblich.

Dabei machen Frauen häufiger das Abitur als Männer. Danach geht es jedoch steil bergab. An den Hochschulen sind sie zwar noch gleich stark vertreten. Ihr Anteil an Promotion sinkt dann auf 39 Prozent, bei Habilitationen sind es nur noch 23 Prozent, so das Untersuchungsergebnis der Hans-Böckler-Stiftung.

Deshalb verwundert es nicht, wenn Leni Breymaier sagt: "Rechtlich stehen wir durch die Gleichberechtigung zwar gut da. Praktisch fehlt es an der Umsetzung. "

Übrigens: Der Brauch, Frauen am 8. März anlässlich des Frauentags mit einer roten Rose zu beschenken stammt aus dem Jahr 1986. Damals feierte der Frauentag seinen 75. Geburtstag. Er stand unter dem Motto: Wir wollen Brot und Rosen!

Südwest Presse,05.03.2008

Letzte Änderung: 06.03.2008