Gut ausgebildet, wenig Gehalt

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06.03.2008 Frauen fordern Gleichbehandlung So gut wie heute waren Frauen noch nie ausgebildet. Trotzdem verdienen sie immer noch deutlich weniger als Männer - und das nicht ganz schuldlos.

Wenn eine Frau demnächst bei ihrem Chef mit einer ziemlich großen knallroten Designer-Handtasche aufkreuzt, könnte ihn das teuer kommen: Seine Mitarbeiterin will endlich das gleiche Gehalt wie ihre männlichen Kollegen. Dieses unübersehbare Symbol hat sich das Frauennetzwerk Business and Professional Women Germany (BPW) ausgedacht, und die Geschäftsfrauen haben auch gleich noch den passenden Gedenktag: Der 15. April ist der Equal Pay Day. An diesem Tag der gleichen Bezahlung planen sie Aktionen unter anderem in Berlin, Frankfurt und Stuttgart.

Beim Tag für Aktionen sind sich die Frauen nicht ganz einig. Eigentlich feiern sie am 8. März den internationalen Frauentag, und auch da ist die Bezahlung eines der zentralen Themen. Das Problem beklagen sie jedoch alle: Im Schnitt verdienen sie 22 Prozent weniger als Männer. Damit steht Deutschland schlecht da: Im EU-Durchschnitt sind es 15 Prozent Unterschied. Vor 20 Jahren war dieser mit 30 Prozent noch größer. Aber in den vergangenen Jahren hat sich auch nicht viel geändert, klagt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock.

Daher startet pünktlich zum Frauentag ein Bündnis aus Gewerkschaften, Deutschem Frauenrat und BPW "Ich bin mehr wert ", eine Initiative auf politischer Ebene. Das Problem liegt nicht nur im Niedriglohnsektor, wo der Frauenanteil mit 70 Prozent besonders hoch ist. Auch Hochschulabsolventinnen verdienen 24 Prozent weniger als Männer. Bei den Absolventinnen der Fachhochschulen ist das Missverhältnis sogar noch etwas größer. Ihr Gehalt höre dort auf, wo das der Männer erst anfange, sagt Sehrbrock. In Führungspositionen sind Frauen immer noch Orchideen, in den Vorständen der großen Konzerne lässt sich ihre Zahl an einer Hand abzählen.

Dabei sind sie so gut ausgebildet wie noch nie. Bei den Noten übertrumpfen sie die Männer regelmäßig. Wirtschaft und öffentlicher Dienst betonen, wie unverzichtbar für sie diese hochqualifzierten Kräfte sind. Nur in der Bezahlung schlägt sich das nicht nieder. Frauen suchen sich die falschen Berufe aus - diejenigen, die schlecht bezahlt werden. Friseurin und Psychologin statt Mechatroniker oder Informatiker. Und sie sind ebenso wie die Männer noch stark in traditionellem Denken verhaftet, kümmern sich zusätzlich um Haushalt und Kinder - viel mehr als ihre männlichen Partner.

Gleiches Entgelt, Karrierechancen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie - alles drei will das Frauenbündnis einklagen. Auch Frauenquoten müssen sein. Gesetze bringen was, sagt die Frauenrats-Vorsitzende Brunhilde Raiser und verweist auf Norwegen: Dort drohe Firmen die Zwangsschließung, weil sie nicht 40 Prozent ihrer Aufsichtsratssitze mit Frauen besetzt haben.
Südwest Presse,05.03.2008

Letzte Änderung: 06.03.2008