Neue Runde im Kopftuch-Streit

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14.03.2008 Stuttgarter Lehrerin klagt gegen Land

Erneut befasst sich ein Gericht mit einer Lehrerin, die an ihrer Schule ein Kopftuch tragen will. Die Schulverwaltung hatte ihr das untersagt.
Der Kopftuch-Streit um eine zum Islam konvertierte Lehrerin geht in eine neue Runde. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim verhandelt heute die Klage einer Grundschulpädagogin, die in ihrer Stuttgarter Schule weiter mit Kopftuch unterrichten will. Eine Entscheidung des VGH wird erst zu einem späteren Zeitpunkt erwartet.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte im Juli 2006 entschieden, dass die muslimische Lehrerin ihren Dienst in der Schule weiter mit Kopfbedeckung verrichten darf - weil auch Nonnen in Ordenstracht an staatlichen Schulen zugelassen seien. Der Verwaltungsgerichtshof ließ die Berufung des Landes gegen das Urteil zu.

Die Stuttgarter Richter hatten die Anweisung der Schulverwaltung aufgehoben, dass die Lehrerin in ihrer Schule ohne Kopftuch unterrichten muss. Die Klägerin verstoße mit dem Tragen des Kopftuchs im Unterricht zwar gegen das im Schulgesetz verankerte Verbot der Abgabe religiöser Bekundungen an öffentlichen Schulen. In ihrem Anspruch auf strikte Gleichbehandlung der verschiedenen Glaubensrichtungen werde die Lehrerin jedoch verletzt. Eine Privilegierung christlicher Glaubensbekenntnisse lasse der Paragraf 38 des Schulgesetzes nicht zu. Entweder müssten vorbeugend sämtliche religiösen Symbole in der Schule verboten oder alle Glaubensrichtungen zugelassen werden.

Kultusminister Helmut Rau (CDU) hatte daraufhin erklärt, bei einem Ordensgewand handele es sich um "Berufskleidung und einen zulässigen Ausdruck der christlich-abendländischen Kultur ". Die Klägerin, die an einer Grund- und Hauptschule in Stuttgart-Bad Cannstatt unterrichtet, ist seit 1973 im Schuldienst und trägt seit 1995 auch im Dienst eine Kopfbedeckung.

Katja Gatter, Elternbeiratsvorsitzende der Schule, in der Kinder aus 34 Nationen unterrichtet werden, sieht den Streit zwiespältig: Einerseits sehe sie, dass muslimische Mädchen zum Kopftuchtragen mehr oder weniger gezwungen würden. "Die reißen sich die Dinger ab, wenn sie in die Schule kommen, und ziehen sie wieder an, wenn sie nach Hause gehen. " Ein Verbot würde diese Mädchen moralisch stützen.

Ein generelles Kopftuchverbot widerspreche andererseits ihrem Verständnis von Demokratie. Wenn aber Kopftücher aus den Lehrerkollegien verbannt würden, müsse dies auch für das Ordensgewand von Lehrerinnen gelten. "Auch ein Kreuz im Klassenzimmer finde ich dann nicht vertretbar. " Das Bundesverfassungsgericht hatte im September 2003 entschieden, dass ein Verbot für Lehrkräfte, in Schule und Unterricht ein Kopftuch zu tragen, eine gesetzliche Regelung in den Ländern voraussetzt.

Geklagt hatte Fereshta Ludin, eine deutsche Lehrerin afghanischer Herkunft. Sie wollte unter Berufung auf ihren islamischen Glauben mit Kopftuch unterrichten. Baden-Württemberg hatte jedoch 1998 ihre Aufnahme in den Schuldienst nach dem Referendariat abgelehnt.
SÜDWEST PRESSE,14.03.2008

Letzte Änderung: 14.03.2008