Kaufkraft der Bürger sinkt
Das musste die Bundesregierung jetzt einräumen.
Die Kaufkraft privater Haushalte ist in den vergangenen Jahren stetig gesunken. Im Jahr 2004 konnte sich eine Familie mit zwei Kindern noch 0,4 Prozent mehr für ihr Geld leisten als ein Jahr zuvor. In den beiden Folgejahren ist die
Kaufkraft um je 1,1 Prozent und 2007 sogar um 1,3 Prozent gesunken. Seit 2005 nahm auch das Nettoeinkommen lediger Durchschnittsverdiener ohne Kinder ab. Im Jahr 2007 war ihre Kaufkraft um 1,0 Prozent gesunken. Dies musste die
Bundesregierung jetzt auf eine Anfrage der FDP einräumen. Bisher hatte sie stets erklärt, dass der wirtschaftliche Aufschwung bei allen Menschen ankomme. Ihre Begründung: Zuwachs an Arbeitsplätzen, niedrigere
Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung sowie Abbau der Staatsschulden.
Vom Schuldenabbau und neuen Jobs profitieren die Erwerbstätigen allerdings zunächst nicht. Das Senken der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung vom 1. Januar 2008 bringt den Arbeitnehmern bei einem Bruttoeinkommen von monatlich 1500 Euro eine Ersparnis von 6,75 Euro. Bei 4500 Euro Bruttoverdienst spart der Arbeitnehmer 20,25 Euro.
Solche Summen werden von den Preisexplosionen bei Energie und Nahrungsmitteln längst aufgefressen. Im Februar lag die Teuerungsrate bei 2,8 Prozent. Für Heizöl musste der Verbraucher im Vergleich zum Vorjahr fast 33 Prozent mehr bezahlen. Für Diesel mussten die Autofahrer knapp 16 Prozent, für Superbenzin 10 Prozent mehr bezahlen. Strom verteuerte sich um 7,1 Prozent. Auch die Preise für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke zogen im Schnitt um 7,4 Prozent an. Vor allem Milch, Eier, Butter, Margarine und Speiseöl wurden teurer, ebenso Obst, Brot, Mineralwasser, Säfte und Limonade. Günstiger wie vor einem Jahr war lediglich Gemüse zu haben. Auch die Studiengebühren schlagen zu Buche. Die Preise für das Bildungswesen stiegen um knapp 35 Prozent.
"Der einzige, der durch diesen Aufschwung fett geworden ist, ist der Staat ", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. Was nütze ein Mindestlohn, wenn Familien netto weniger in der Tasche hätten, fragte er. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) bestätigte dies unlängst. Er erklärte, dass ein Prozent Lohnsteigerung eine zwei Prozent höhere Einkommensteuerbelastung bedeute. dpa
SÜDWEST PRESSE,15.03.2008
Letzte Änderung: 16.03.2008