Bezahlung für Praktikanten?

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19.03.2008 Scholz will Praktikanten den Rücken stärken Arbeitsminister missfällt, dass Berufseinsteiger zumeist nicht bezahlt werden

Die Bundesregierung will die Situation von Praktikanten verbessern. Arbeitsminister Scholz kritisiert, dass über die Hälfte aller Praktika unbezahlt sind und verspricht Abhilfe durch eine gesetzliche Klarstellung.
Für viele Berufsanfänger von heute, die "Generation Praktikum ", steht vor dem Beginn eines normalen Arbeitsverhältnisses ein freiwilliges Praktikum. 20 Prozent der jungen Menschen im Alter zwischen 18 und 34 Jahren haben Erfahrung damit, nach abgeschlossener Berufsausbildung zunächst ein Praktikum zu absolvieren.

Das ergab eine Studie, die das Bundesarbeitsministerium in Auftrag gegeben hat. 51 Prozent der Betroffenen erhielten für diese Tätigkeit keine Vergütung, obwohl die meisten Praktikanten angaben, sie seien mindestens die Hälfte der Zeit als reguläre Arbeitskraft eingesetzt worden.

Bei der Präsentation der Untersuchung bemängelte Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, dass die im Berufsausbildungsgesetz vorgesehene "angemessene Vergütung " von Berufspraktika in vielen Fällen nicht beachtet werde. Das will der SPD-Politiker mit einer Klarstellung in Paragraf 612 des Bürgerlichen Gesetzbuches ändern. Zudem plant Scholz, schriftliche Verträge für Praktikanten vorzuschreiben, um deren Aufgaben von vornherein klar zu definieren.

Scholz betonte, die Studie habe den Sinn und Nutzen von Praktika für Berufseinsteiger nachgewiesen. Daher wolle er mit seinen Folgerungen "das Kind nicht mit dem Bade ausschütten ", sondern den Betroffenen bei der Suche nach einer "Brücke ins Erwerbsleben " helfen. An eine gesetzliche Bestimmung über die Mindesthöhe der Vergütung für Praktikanten denkt der Minister nicht.

Ein Praktikum sei zwar keine Garantie für eine darauf folgende Vollbeschäftigung, sagte Scholz. Doch seien immerhin 22 Prozent der Praktikanten anschließend vom selben Arbeitgeber übernommen worden, 13 Prozent fanden unmittelbar eine Anschlusstätigkeit bei einem anderen Betrieb. Drei Viertel gaben an, gute Einblicke in den Beruf erhalten zu haben, zwei Drittel konnten ihre beruflichen Kenntnisse während des Praktikums erweitern. Bei 64 Prozent der Befragten blieb es bei einem Praktikum, 36 Prozent kamen auf zwei und mehr Praktika.

Nur knapp einem Drittel der jungen Menschen gelingt nach ihrer Berufsausbildung ein nahtloser Einstieg in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis. Dagegen mussten 43 Prozent der Befragten zunächst ein Praktikum, einen befristeten oder Teilzeitjob oder eine Leiharbeit in Kauf nehmen. Weitere 25 Prozent der beruflich Qualifizierten befinden sich immer noch in einer Übergangsphase ins Erwerbsleben, teilweise sind sie arbeitslos.

Über die Hälfte der jungen Leute, die nach ihrer Ausbildung eine Berufstätigkeit gefunden haben, bezeichneten ihren Einstieg ins Erwerbsleben selbst als glatt und problemlos, 29 Prozent als schwierig, 15 Prozent als bislang ergebnislos. In der Beurteilung ihrer freiwilligen Praktika sind die Befragten geteilter Meinung: 34 Prozent halten Praktika für eine gute Möglichkeit, eine dauerhafte Beschäftigung zu finden, 26 Prozent sagen, dass Praktika eine solche Beschäftigung verhindere, 36 Prozent empfinden diese Tätigkeit als unangenehm, aber notwendig.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock bedauerte, dass der Arbeitsminister darauf verzichte, Praktika generell auf drei Monate zu begrenzen. So bleibe es bei der Gefahr, dass Praktika reguläre Beschäftigung ersetzten.

SÜDWEST PRESSE,19.03.2008

Letzte Änderung: 20.03.2008