Beruhigungspille für Belegschaft
Stellenabbau und Einschnitte beim Modekonzern Boss waren nach der Übernahme durch den Finanzinvestor Permira kein Thema. Dennoch gibt das Management der Belegschaft jetzt eine Garantie auf fünf Jahre.
Unruhe hatte sich verbreitet unter den 2000 Mitarbeitern des Modekonzerns Hugo Boss, als die Metzinger Ausgabe unserer Zeitung aus einem Interview eines Wirtschaftswissenschaftlers zitierte. Darin war von drohenden Einschnitten am
Standort Metzingen die Rede. Solche Spekulationen waren noch nie zuvor in der jüngeren Geschichte des ungemein erfolgreichen Konzerns angestellt worden - trotzdem oder gerade deshalb ging das Management gestern mit einer
Klarstellung an die Öffentlichkeit.
Demnach hat der Finanzinvestor Permira für die nächsten fünf Jahre eine Standort- und Beschäftigungssicherung für die Mitarbeiter in Metzingen abgegeben. Mehr noch: "Wir wollen Hugo Boss weiter ausbauen ", sagte gestern der Deutschland-Chef von Permira, Jörg Röckenhäuser. Auch von anderen, finanziellen Einschnitten (etwa bei Gehalt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder den bestehenden Sozialleistungen) könne keine Rede sein. Nach Angaben eines Firmensprechers werde Boss auch dieses Jahr wieder zusätzliche Arbeitsplätze schaffen; 243 neue Jobs waren voriges Jahr entstanden.
Die Standortsicherungs-Vereinbarung ist demnach ein Zugeständnis von Permira an die Arbeitnehmervertreter. Sie hatten sich, wie mehrfach berichtet, im Aufsichtsrat gegen eine Sonderdividende an den Finanzinvestor gestellt, waren aber am Doppelstimmrecht des Aufsichtsratschefs Giuseppe Vita gescheitert. Der Betriebsrat hatte angesichts dieser großzügigen Ausschüttung von rund 450 Mio. EUR vor einer Schwächung des Unternehmens gewarnt.
Dem widerspricht jetzt Permira-Deutschlandchef Rockenhäuser: "Wir haben ein langfristiges Interesse an der Entwicklung des Unternehmens. Unser Konzept ist eine klare Wachstumsstrategie. Mit jeder anderen Strategie würden wir uns ins eigene Fleisch schneiden. "
Finanzchef Joachim Reinhardt bekräftigte denn auch, dass sich an der strategischen Ausrichtung unter dem neuen Eigentümer nichts ändern werde. Das neue Vorstandsmitglied Hans Fluri deutete an, dass Boss in diesem und den kommenden Jahren Investitionen auf Rekordniveau tätigen werde.
An der konzertierten Aktion der Beruhigung beteiligt sich jetzt vor allem auch Boss-Betriebsratschef Antonio Simina. Er hatte zuletzt die kritische Haltung gegenüber der neuen Kapitalpolitik der "Heuschrecke " Permira in der Öffentlichkeit begründet. Jetzt lässt sich Simina in der öffentlichen Stellungnahme wie folgt zitieren: "Es besteht eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat, Vorstand und Mehrheitsaktionär Permira sowie Einigkeit über die zukünftige Geschäftstrategie des Konzerns. "
Auch nach der Sonderdividende und der damit erhöhten Kreditfinanzierung ist der Metzinger Modekonzern für den Deutschlandchef von Permira immer noch niedriger verschuldet als viele Dax-Unternehmen. Die Eigenkapitalquote lag vor der Ausschüttung bei gut 50 Prozent und soll jetzt auf rund 20 Prozent gesunken sein.
Wegen Differenzen in dieser Frage war der frühere Boss-Chef Bruno Sälzer vor einigen Wochen ausgeschieden. Die Suche nach einem neuen Vorstandschef verlaufe vielversprechend, sagte Rockenhäuser gestern. Gut möglich,
dass der Neue auf der Hauptversammlung am 8. Mai präsentiert wird.
SÜDWEST PRESSE,20.03.2008
Letzte Änderung: 20.03.2008