Praktische Hilfe und Gesprächspartner
Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg, aber auch private Initiativen, richten sich auf die steigende Zahl älterer Menschen ein und schaffen neue Wohn- und Serviceangebote für Senioren.
Kürzlich erhielt Karl-Friedrich Fischbach eine E-Mail von einer Frau, die sich wegen ihres hohen Alters nicht mehr bewegen konnte. Sie lag den ganzen Tag nur noch im Bett. Die Kinder hätten ihr deshalb einen Laptop geschenkt,
schrieb die Frau, mit dem sie vom Bett aus auf das Internet zugreifen konnte. Das habe ihr neuen Mut und Lebensfreude gegeben, da sie wieder mit anderen Menschen kommunizieren konnte. "Die Dame kann heute wieder laufen ", sagt
Karl-Friedrich Fischbach.
1998 gründeten Fischbach und seine Frau Margit in Merzhausen, einem Freiburger Vorort, die Online-Community Seniorentreff.de. Dort treffen sich ältere Menschen, um sich im Internet zu unterhalten, über Probleme zu sprechen oder Kochrezepte auszutauschen. Die Fischbachs hatten bei Verwandten und Bekannten festgestellt, dass die Teilnahme am sozialen Leben im Alter eingeschränkt wird. "Kino- und Konzertbesuche werden immer seltener ", sagt Margit Fischbach. "Aber mit dem Internet sind die älteren Leute wieder voll dabei. "
Mehrgenerationenhäuser, Gedächtnistraining, Einkaufs- und Haushaltshilfen - auch Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg richten sich mit neuen Wohnkonzepten, besonderen Kulturveranstaltungen und Serviceangeboten auf die steigende Zahl älterer Menschen ein. Wie eine dpa-Umfrage ergab, bemühen sich die Kommunen auf vielfältige Weise, den Senioren das Leben zu erleichtern. In Konstanz gründete sich ein Stadtseniorenrat, in Heidelberg und Ludwigsburg gibt es seniorenfreundliche Waren zu kaufen und in Ulm werden regelmäßig "Tage der älteren Menschen " veranstaltet. Mehrere Städte und Gemeinden - darunter Stuttgart, Karlsruhe, Ulm und Heilbronn - setzen auf gemeinsames Wohnen verschiedener Generationen. In Stuttgart sind nach Angaben der Stadt Häuser mit einer solchen Konzeption schon seit langem zu finden. Zudem vermieten ältere Menschen an Studenten Unterkünfte zu reduzierten Preisen. Die jungen Menschen helfen als Gegenleistung im Haushalt mit oder kaufen für ihre Vermieter ein.
In Karlsruhe ist nach Angaben des Seniorenbüros ein Haus geplant, in dem Senioren sowie in einem Kindergarten Kinder betreut werden und zudem junge Familie und Studenten wohnen.
In der Landeshauptstadt richten mehr als 30 Begegnungsstätten Veranstaltungen für Ältere zu altersspezifischen Fragen aus. In Ludwigsburg, dessen Bewohner zu einem Fünftel älter als 65 Jahre sind, soll im April das Projekt "Älterwerden in Ludwigsburg - Zukunft gemeinsam gestalten " beginnen.
Reutlingen, Innenstadt. Wilfried Hirschburger steht vor der Wohnungstür einer Kundin. Die 63-Jährige muss sich an der Tür festhalten, langsam hangelt sie sich zum Sofa. "Die Leuchte da. " Sie zeigt auf die Wohnzimmerlampe. "Ich bin gestürzt. Ich kann sie nicht reparieren. Was soll ich machen? " Elektroingenieur Hirschburger steigt auf eine Leiter und nimmt die Birne aus der Fassung.
Hirschburger und seine Kollegen sind Meister für Radio- und Fernsehtechnik, Betriebswirt oder Elektroingenieur. Ihre Kenntnisse können sie im Ruhestand nicht mehr Tag für Tag an ihrem Arbeitsplatz beweisen. Aber sie werden gebraucht: Für viele bedürftige Menschen sind die Männer und Frauen vom Sozialen Reparaturdienst der Caritas in Reutlingen nicht nur eine große praktische Hilfe - für manch einsamen Menschen sind sie auch ein sehnlich erhoffter Gesprächspartner.
Ihr Lohn: sieben Euro pro Stunde plus fünf Euro Anfahrtskosten. Und: Anerkennung.
SÜDWEST PRESSE,22.03.2008
Letzte Änderung: 24.03.2008