Sexismus ist der häufigste Kritikpunkt
Der Deutsche Werberat warnt vor Kundenfang mit der Bezeichnung "Öko ". Seine Proteste führten 2007 zur Einstellung von 70 Werbekampagnen. Am häufigsten richtet sich seine Kritik gegen Sexismus.
"So bekommst du jede Frau ins Bett " - mit diesem Motto warb im vergangenen Jahr die Firma ISAS Gebrüder Schmidtlein aus Büttelborn für ein Ratgeberportal für zwischenmenschliche Kontakte. Spärlich bekleidete
Models sollten dann das Interesse potenzieller Kunden noch erhöhen. Dieser offensichtliche Sexismus gefiel nicht jedem. Es kam zu einer Beschwerde vor dem Deutschen Werberat, auf die eine Beanstandung des Gremiums folgte. Nachdem
das Unternehmen die Internetbanner nicht abänderte und stoppte, kam es dann zu einer öffentliche Rüge des Werberates, wie das Gremium diesen besonders krassen Fall in Berlin bei seiner Jahresbilanz darstellte.
Bei 269 Protesten wurden 82 Beanstandungen ausgesprochen, sagte der Vorsitzende des Werberates, Hans-Henning Wiegmann. Davon sei in drei Fällen die Kritik des Gremiums nicht beachtet worden, worauf eine Rüge des Werberates ausgesprochen worden sei. Sie betrafen alle die Diskriminierung von Frauen. "Diese Werbungen würdigten Frauen herab und waren sexistisch ", gab der Sprecher des Werberates, Volker Nickel, den Protesten Recht. Bei 187 Beschwerden sprach der Werberat die Unternehmen jedoch frei.
So hatte die Kritik an der Werbung des Wäschefabrikanten Mey mit dem Titel "Deutschland braucht neue Babys. Unser Beitrag dazu " keine Folgen. Dabei waren erst viele Babys zu sehen, später räkelte sich eine Frau in Dessous. Sie gingen nicht davon aus, dass Frauen auf ihre Gebärfähigkeit reduziert würden. Eher ironisiere die Kampagne die erotisierende Wirkung schöner Unterwäsche.
Werbemaßnahmen, die Frauen herabwürdigen, wurden 2007 am häufigsten kritisiert. Zudem protestierten Privatpersonen oder Institutionen gegen die Verletzung religiöser Gefühle, die Verharmlosung von Gewalt und die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen. Aufgrund von Beanstandungen des Werberates, der ein Organ des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) ist, wurden im vergangenen Jahr 70 Werbekampagnen eingestellt. Dazu gehörte auch eine Printwerbung des Luxuslabels Dolce amp;Gabbana, auf der eine Frau am Boden lag und von einem Mann an den Händen festgehalten wurde.
Nach Angaben des Werberates, der als Konfliktregler zwischen Beschwerdeführern aus der Bevölkerung und werbenden Firmen agiert, wurden 2006 nur 229 Proteste eingereicht. Trotz der zugenommenen Meldungen in 2007 auf 269 Beschwerden könne nicht von einem signifikanten Anstieg gesprochen werden, erklärte Nickel. Beschwerden gegen Werbung seien immer noch ein "Randphänomen ". Wiegmann zufolge gebe es auch die Tendenz, dass freizügige Werbung in einem Medium von Privatpersonen kritisiert wird, die "Mädchen auf Seite 1 " jedoch "häufig schlimmer " seien als die Anzeige selbst.
Wiegmann warnte auch vor Kundenfang mit der Bezeichnung "Öko ". Umweltargumente in der kommerziellen Werbung müssten nachvollziehbar sein, damit sie nicht als "manipulative Trickserei " missverstanden würden.
Anderenfalls baue sich eine neue Streitquelle zwischen Kunden und Unternehmen auf, die der Akzeptanz von Werbung schade. Bisher seien Umweltschutz und umweltbezogene Aussagen in der Werbung noch kein Grund für die Verbraucher, sich beim Werberat zu beschweren. "Mit zunehmender Menge der Werbung mit Öko-Argumenten könnte sich das rasch ändern ", meinte Wiegmann. ddp/dpa
Info
Der Werberat wurde 1972 vom ZAW gegründet. Zu dem Arbeitsgremium gehören 13 Mitglieder. Der Werberat arbeitet nach dem System eines Schiedsrichters. Berechtigte Kritik an Werbung vermittelt das Gremium an die Unternehmen mit
dem Ziel, dass die Werbemaßnahme eingestellt oder geändert wird.
SÜDWEST PRESSE,27.03.2008
Letzte Änderung: 27.03.2008