Wenn die Zecke zubeißt
Zecken sind gefürchtet - weshalb der Virologe Professor Thomas Mertens, der Neurologe Professor Hayrettin Tumani und Kinderarzt Dr. Matthias Schlaud (alle Ulm) gefragte Telefonexperten waren.
Mein Mann und ich sind schon 70 Jahre alt. Sollen wir uns trotzdem noch gegen FSME impfen lassen?
Das ist keine Altersfrage, sondern hängt von Ihrem persönlichen Risiko ab: Wenn Sie in Süddeutschland leben, womöglich noch am Bodensee oder im Schwarzwald, und wenn Sie sich viel im Garten oder der Natur aufhalten, dann sollten Sie sich impfen lassen.
Ab welchem Alter kann man Kinder gegen FSME impfen lassen?
Zugelassen ist der Impfstoff bereits für Einjährige. Viele Kinderärzte raten zu einer FSME-Impfung ab dem vierten Lebensjahr, wenn die Grundimmunisierung etwa gegen Diphtherie, Kinderlähmung und Wundstarrkrampf abgeschlossen ist.
Meine Tochter hat Epilepsie. Kann ich sie gegen FSME impfen lassen?
Ja. Die Impfung ist gut verträglich.
Mein Mann wurde gestern von einer Zecke gebissen. Soll er sich jetzt impfen lassen?
Das Risiko, dass er sich infiziert hat, ist gering: Ihr Mann sollte sich also zunächst nicht zu viele Sorgen machen. Dennoch kann er den Zeckenbiss als Mahnung sehen, sich impfen zu lassen. Ein etwa 95-prozentiger Impfschutz besteht allerdings erst nach der zweiten Impfung, die etwa vier bis zwölf Wochen nach der ersten erfolgen sollte. Nach einem Jahr wird dann zum dritten Mal geimpft. Danach besteht voller Schutz - bis zur Auffrischungsimpfung nach etwa drei bis fünf Jahren.
Ich habe Borreliose. Soll ich mich dennoch impfen lassen?
Eine Impfung existiert nur gegen die Viren der FSME, der Frühsommer-Meningoenzephalitis. Borreliose-Bakterien werden zwar ebenfalls von Zecken übertragen, doch gegen sie gibt es keinen Impfschutz. Das eine hat also mit dem anderen nichts zu tun.
Zahlt die Kasse die Impfung?
Ja. In Baden-Württemberg übernehmen die Krankenkassen die Kosten der FSME-Impfung. Geimpft wird beim Haus- oder Kinderarzt.
Ich hatte schon mal eine Zecke und bin sehr ängstlich. Ich trau mich nicht mehr in den Garten. Was kann ich tun?
Machen Sie sich keine Sorgen. Ziehen Sie wenn möglich helle Kleidung mit langen Ärmeln und Hosenbeinen an und verwenden Sie ein Mücken- beziehungsweise Zeckenschutzmittel. Das gibt zwar keine hundertprozentige Sicherheit, aber wenn Sie sich dann jedesmal nach dem Aufenthalt im Grünen auch noch am ganzen Körper gründlich nach Zecken absuchen, haben Sie alles richtig gemacht.
Was soll man tun, wenn man eine Zecke am Körper entdeckt hat?
Wenn Sie gegen FSME geimpft sind, besteht eventuell noch die Gefahr, sich möglicherweise mit Borrelien zu infizieren. Das passiert aber meist nicht in den ersten 48 Stunden nach dem Biss, da die Borrelien im Magen der Zecke sind. Verfallen Sie also nicht in Panik, sondern entfernen Sie die Zecke vorsichtig - etwa mit einer Zeckenzange. Versuchen Sie, den Bauch der Zecke nicht zu quetschen, setzen Sie die Zange unter dem Kopfschild an und entfernen Sie die Zecke vollständig. Merken Sie sich die Einstichstelle und beobachten Sie diese die nächsten Wochen. Taucht dort eine Rötung auf oder bemerken Sie bei sich Krankheitsanzeichen, denken Sie immer auch an den Zeckenstich und erzählen Sie Ihrem Arzt davon. Er wird Sie dann gegebenenfalls mit Antibiotika behandeln.
Kann ich nach einem Zeckenbiss feststellen, ob die Zecke infiziert war?
Sie können die Zecke im Labor testen lassen. Dieser so genannte PCR-Test kostet um die 50 Euro.
Eine Blutuntersuchung hat bei mir einen positiven Borrelienbefund ergeben. Wie lange muss ich Antibiotika nehmen?
In der Regel zwei bis vier Wochen. Das kommt auf die befallenen Organe und auf das Antibiotikum an.
Ich habe starke Schmerzen in den Gelenken und in meinem Blut wurden Borreliose-Antikörper gefunden. Habe ich Borreliose?
Die Antikörper sind lediglich eine Antwort des Immunsystems, dass Ihr Körper irgendwann einmal Kontakt mit Borrelien hatte. Dieser Nachweis sagt aber nicht unbedingt etwas über ihre Beschwerden aus. Woher diese genau kommen, sollten Sie unbedingt beim Facharzt abklären lassen. Was die Borreliose betrifft, gibt es leider viele nicht unbedingt wissenschaftlich haltbare und dazu schwer interpretierbare Tests. Holen Sie sich im Zweifel also lieber eine zweite Meinung ein. Meist gibt es etwa an Unikliniken Spezialsprechstunden der Infektiologen und Neurologen.
Ich habe Borreliose. Antibiotika haben nichts gebracht. Soll ich nochmals Antibiotika nehmen?
Nein. Es sei denn, Sie wurden nur antherapiert, haben also beim ersten Mal zu wenig Antibiotika bekommen. Ansonsten sollten Sie eher abklären lassen, ob Ihre Beschwerden nicht eine andere Ursache haben.
Haben Sie noch Fragen rund ums Thema Zecken? Bis Montagabend können Sie diese im Internet unter http://www.swp.de/zecken stellen.
SÜDWEST PRESSE,05.04.2008
Letzte Änderung: 06.04.2008