Süden warnt vor "Gaunerei"

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09.04.2008 Neuer Streit um Gesundheitsfonds

Der Gesundheitsfonds könnte Bayern und Baden-Württemberg stärker belasten als angenommen. Darauf deutet ein unveröffentlichtes Gutachten.
Über den Start des Gesundheitsfonds Anfang 2009 gibt es neuen Streit: Baden-Württemberg und Bayern befürchten, dass ihre Krankenkassen deutlich mehr in den Fonds einzahlen müssen, als sie herausbekommen. Aufgrund heftiger Proteste insbesondere der CSU sind die Verluste im Gesetz auf 100 Millionen Euro pro Land beschränkt. Doch ein Gutachten nährt Zweifel: Entweder funktioniert das ganze System nicht oder der Süden verliert in höherem Maße. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer wittert schon eine "ganz große Gaunerei".

Weil die Löhne und Gehälter in Baden-Württemberg und Bayern besonders hoch sind, fallen hier auch die Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen pro Beitragszahler höher aus. Deshalb konnten Leistungen von Ärzten und Krankenhäusern besser vergütet werden als anderswo. Das Stuttgarter Sozialministerium rechtfertigt das mit hohen Kosten bei Personal und Mieten.

Um dieses Geld zu sichern, hatte der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) am Ende der Reformverhandlungen die "Konvergenzklausel" durchgesetzt: Aus den beiden Südländern sollen jeweils maximal 100 Millionen Euro pro Jahr in ärmere Länder abfließen.

Die Folgen des Gesundheitsfonds untersuchten die Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem und Eberhard Wille in einem Gutachten für das Bundesgesundheitsministerium. Nach einem Bericht von "Welt online" befürchten sie eine Umverteilung von Milliardenbeträgen, die den Krankenkassen fehlen könnten. Ihrer Modellrechnung zufolge müssten nicht nur Kassen in Bayern und Baden-Württemberg mehr als 100 Millionen Euro in den Fonds einzahlen. Auch weitere Länder würden stärker zur Kasse gebeten werden; Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen.

Das Gesundheitsministerium zweifelt das Gutachten an und meldete Änderungswünsche an, die bis Ende der Woche in die Analyse eingearbeitet werden sollen. Daher wollte das Ministerium die bekannt gewordenen Berichte auch nicht kommentieren.

Das bremst die Reaktionen nicht. Besonders laut ist der Aufschrei in München. "Es ist ein Skandal, dass Ulla Schmidt das für sie vernichtende Gutachten zum Gesundheitsfonds zurückhält", sagte CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer. Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) will den Fonds nur starten, wenn unzumutbare Nachteile für Patienten und Ärzte in Bayern ausgeschlossen sind. Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) pocht auf die "politisch verbindliche" Zusage der Regierung, dass aus dem Land maximal 100 Millionen Euro abfließen.

SÜDWEST PRESSE,09.04.2008

Letzte Änderung: 09.04.2008