Die Spielkonsole, der Schule Feindin

Vorschaubild

14.04.2008 "Nicht jeder Schwänzer wird kriminell, aber jeder Kriminelle hat geschwänzt. " Das meint die Politik. Sie will die Jugend zur Schule zwingen.

Wenn sich am Donnerstag die Länderinnenminister treffen, werden sie ernsthaft über das Thema Jugendkriminalität und -gewalt beraten. Das gehöre zwar nicht in den Wahlkampf, meint der Hamburger Senator Udo Nagel, der sich vermutlich der empfindlichen Niederlage der hessischen CDU erinnert, aber das Thema gehöre auf den Tisch und angepackt. Und da sich Nagel sicher ist, dass jeder Kriminelle die Schule schwänze oder früher geschwänzt habe, gehöre auch dieses Phänomen angepackt - obwohl vermutlich manchem Wirtschaftskriminellen ein paar Stunden Mathe weniger nicht schlecht getan hätten.

Und was tut der böse Nachwuchs, wenn er schwänzt? Er treibt sich in Kaufhäusern und Elektromärkten herum und daddelt an den Spielkonsolen, meinen die Politiker. Deswegen wollen sie an die Händler herantreten mit der Bitte, Playstation, Xbox und Nintendo erst nach 15 Uhr freizuschalten - in Nürnberg funktioniere das gut.

Das verwundert. Denn haben nicht die Bengel bereits zur Zeit der "Feuerzangenbowle " geschwänzt und man selbst früher auch, als es diese Geräte noch gar nicht gab? Müssten die Minister also - erinnert man sich - nicht ebenso an die Gastwirte herantreten mit der Bitte, die Stecker der Flipperautomaten erst am Nachmittag in die Wand zu stecken und die Dartscheiben tagsüber wegzuschließen, und die Betreiber von Tageskinos auffordern, ihre Spielzeit drastisch einzuschränken? Der Alternative "Skat statt Bio " kann man allerdings überhaupt nichts anhaben.

Und da den Innenministern schwant, dass abgeschaltete Spielkonsolen allein dem Schuleschwänzen nicht den Garaus bereiten wird, soll die Polizei eingeschaltet werden. Nagel will ihr Zugriff auf ein Schülerregister verschaffen, mit dem sie feststellen könne, ob ein Jugendlicher, der sich vormittags in der Innenstadt lümmelt und dabei fürs Leben lernt, nicht eigentlich gerade für und in der Schule lernen muss. Dorthin soll die Polizei ihn dann bringen, allerdings ohne Blaulicht. Auf diese Weise, da ist sich Nagel sicher, könnten kriminelle Karrieren gar nicht erst entstehen. Oder nur wirtschaftskriminelle, möchte man einschränken.

SÜDWEST PRESSE,14.04.2008

Letzte Änderung: 14.04.2008